Zen der Farben

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„Das Herz des Fragenden ist Zen.“ So lautet die Antwort eines alten Zen-Meisters auf die Frage, was Zen eigentlich sei. Dieser Koan weist den Schüler darauf hin, dass der Kern des Zen eher eine mystische Erfahrung der inneren Versenkung ist, als ein religiöses oder philosophisches System – eine Versenkung, die in der Meditation geschehen kann, aber auch während des Kunstschaffens wie in der Malerei. Zensho W. Kopp ist einer der wenigen, wirklich authentischen Zen-Meister Deutschlands und Europas. Sein Name „Zensho“ bedeutet „Der sich in sein wahres Wesen versenkt“, und dieses Versenken in den tieferen Kern der Dinge und des Seins ist auch das Ziel seiner Malerei.

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Harmonisches Zusammenspiel von Meditation und Aktion: Zensho W. Kopp bei der Arbeit in seinem Atelier.

Anerkannter Zen-Meister
Zensho W. Kopp ist bisher vielen an Zen und Esoterik interessierten Menschen weniger als Maler bekannt, sondern vielmehr als Buchautor und Leiter des renommierten Zen-Zentrums Tao Chan in Wiesbaden. Für seine Neuübersetzung Lao-tses „Tao Te King“, in der er viele Fehlübersetzungen korrigiert und die mystische Aussagekraft des Werkes herausgearbeitet hat, erhielt er viel Anerkennung. Seine eigenen Bücher über Zen ermöglichen einen tieferen Zugang zur grundlegenden Essenz aller Mystik und wurden auch ins Englische übersetzt. Im Juli wird mit „Die Freiheit des Zen“ sein mittlerweile viertes Buch über Zen erscheinen.

Bereits als jungen Mann beschäftigten Kopp die ewigen Fragen des Menschen: ‚Woher komme ich? Wohin gehe ich? Wer bin ich?’, und führten ihn schließlich zum Zen, so berichtet er. Heute ist Zensho als direkter Dharma-Nachfolger von Zen- Meister Soji Enku (1908-1977) einer der bedeutendsten Zen-Meister der Gegenwart. Im Wiesbadener Zen-Zentrum unterweist Zensho eine große Gemeinschaft von Schülern und leitet einmal im Monat ein zweitägiges Zen-Wochenende, an dem auch interessierte Gäste teilnehmen können. Was aber hat für ihn die Malerei mit Zen zu tun?

In das wahre Wesen versenken
Zuerst fällt die kräftige Farbigkeit seiner Bilder auf, abstrakte Farbverläufe in lebendigen, manchmal konzentrierenden Bewegungen, mal flächig und mal mit reduziertem Strich ähnlich einer chinesischen oder japanischen Tuschezeichnung. Doch dann, bei genauerem Hinsehen bleibt das Auge an einem collagiertem Bild im Bild hängen: Einmal ist es ein alter Zen-Meister oder Lao-tse, in anderen Bildern sind es Marienfiguren mit Kind und Engeln oder die hinduistische Göttin und Symbol weiblicher Urkraft Shakti. In manche Bilder collagiert er nur einen Vogel, einen Schmetterling, eine Rose oder das Schriftzeichen „OM“ hinein. Im Bild „Tao der Liebe“ ist es auch mal ein kopulierendes Paar im Stil chinesischer Miniaturen und in „Auferstehung“ eine Hoffnung stiftende Christusfigur. Diese Bilder im Bild kommen uns zumindest in ihrer Art bekannt vor, erinnern an chinesische oder tantrische Kunst oder an die christliche Malerei und Buchkunst. Und sofort kommen uns dadurch unzählige Erinnerungs- und Wissensstücke in den Sinn. Neben diesen „Seins“-Ausschnitten aber, um sie herum oder „aus ihnen heraus“ lässt Zensho die Farben fließen – gleichsam als seien sie ein emotionaler, farbiger Ausdruck des Inneren der collagierten Personen, Tiere und Pflanzen.

„Die Malerei und ebenso die Musik sind für mich spontane Ausdrucksmittel, die es mir ermöglichen, mich jenseits aller Worte auszudrücken“, erklärt Zensho und erzählt weiter: „Sie offenbaren mein tiefes, inneres Erleben der Wirklichkeit.“ Zugleich sollen die Bilder aber auch den Betrachter dazu anregen, einen direkten Zugang zu seinem wahren Wesen zu finden.

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So sieht Zensho „die Reduktion alles Seienden auf seine Wesenheit“ als Kern seiner Zen-Malerei: „Sie befasst sich nicht mit den sinnlich wahrgenommenen Erscheinungen, sondern mit jener absoluten Realität, die hinter allem liegt.“ So regen seine abstrakten Farbkompositionen den Betrachter auf einer intuitiven, emotionalen Ebene dazu an, dem Wesen der jeweiligen Themen von Maria bis Lao-tse nachzuspüren.

Toleranz und Frieden
„Es ist mein Anliegen, die Menschen, die zu mir kommen, zur allumfassenden Ganzheit des Seins hinzuführen. Diese findet ihren Ausdruck in der selbstlosen Hinwendung und Liebe zu allem Lebendigen“, erzählt Zensho. Als Zen- Meister vermittelt er seinen Schülern, wie man durch die Überwindung der eigenen Konditionierungen die Welt der Gegensätze übersteigen und die Wesensgleichheit mit allen Wesen erfahren kann. „So gelangen wir zu jener inneren Gelassenheit, die Lao-tse‚ ‚Wei-Wu-Wei – Handeln ohne zu handeln’ nennt. Nur so finden wir Frieden in uns selbst und setzen damit Liebe, Toleranz und Frieden in die Welt“, erklärt Zensho. So kann auch der Betrachter seiner Bilder aus einem Gegensatz der Religionen wie Christentum, Hinduismus, Buddhismus und Zen-Philosophie heraustreten und sich im Einlassen auf Zenshos Farbarrangements dem Verbindenden nachspüren. Nach seiner persönlichen Zen-Lebensweise als Maler und Zen-Meister, seinem „Wu-Wei“ im modernen Alltag befragt, meint Zensho: „Nun, mein Leben ist ganz natürlich und nichts Besonderes. In der Sprache des Zen: ‚Wenn ich esse, esse ich, wenn ich trinke, trinke ich und wenn ich schlafe, schlafe ich.’ Das ist alles – das ist mein Zen.“

Kunstkarten von Zensho W. Kopps Bildern sind im Schirner Verlag erschienen. Im gleichen Verlag erscheint in diesem Sommer (2007) der Marienkalender.

Weitere Infos:
zum Zen-Meister Zensho W. Kopp im Internet unter
www.tao-chan.de

BUCH-TIPP
Zensho W. Kopp
Tao Te King
108 Seiten, € 7,95
ISBN 3-89767-477-7
Schirner

BUCH-TIPP
Zensho W. Kopp
Der große Zen-Weg
187 Seiten, € 7,95
ISBN: 978-3-8434-4408-8
Schirner

BUCH-TIPP
Zensho W. Kopp
‘Zen und die Wiedergeburt der christlichen Mystik – Ein Wegführer zum wahren Selbst’
280 Seiten, € 8,95
ISBN: 978-3-8434-4426-2
Schirner

BUCH-TIPP
Zensho W. Kopp
Die Freiheit des Zen – Das Zen-Buch das alle Begrenzungen sprengt
256 Seiten, € 8,95
ISBN 978-3-89767-561-2
Schirner