Achtsame Massage bei

In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Burnout-bedingten Krankheitstage beinahe verzehnfacht. Vielfältigste Reize und eine wahre Informationsflut strömen auf jeden ein. Wer da nicht untergehen will, muss sein Gleichgewicht zwischen Leistung und Erholung stetig nachjustieren. Doch wo soll die vielbeschworene »nötige Entspannung« herkommen?
Der Körper erfährt einen Stressreiz. Die Alarmmeldung kommt im Gehirn an. Auf den Impuls reagiert ein bestimmtes Steuerzentrum (Hypothalamus) im Zwischenhirn, das als Schaltzentrale zwischen Nerven- und Hormonsystem fungiert. Es versetzt den Organismus in Alarmbereitschaft, das heißt wir werden darauf vorbereitet, schnell zu handeln. Der Körper schaltet damit in den »Überlebensmodus« – ein Mechanismus, der uns schützen soll. Über Nervenbahnen angeregt, schüttet das Nebennierenmark verstärkt die »Stresshormone« Adrenalin und Noradrenalin aus. Diese sorgen dafür, dass Atmung, Kreislauf und damit auch der Stoffwechsel in den Zellen in kürzester Zeit auf Hochtouren kommen. Gleichzeitig wird den Zellen vermehrt Zucker und Sauerstoff zur Verfügung gestellt, damit sie ihr Betriebssystem aufrecht erhalten können. Alle anderen für den Moment nicht überlebenswichtigen Funktionen wie z.B. die Verdauung werden gedrosselt. Der Organismus ist bereit, auf die Bedrohung mit Flucht, Angriff oder Totstellen zu reagieren. Kommt Ihnen dieses Szenario bekannt vor?

Ein paar solcher Stressmomente am Tag halten uns fit. Denn nach dem Alarm baut der Körper die Stresshormone wieder ab und normalisiert seine Funktionen, vorausgesetzt, die stressauslösende Situation wandelt sich. Bleibt der Stressreiz aber als Dauerstress über eine längere Zeit bestehen oder erhält der Körper keine Möglichkeit, sich zu entspannen, bleibt er im Alarmzustand und gerät irgendwann in einen Zustand der Überreiztheit, der Erschöpfung und des chronischen Ausgelaugtseins. Burnout und Depression drohen. Jeden Tag sind wir einer Vielzahl bekannter »Stressoren« ausgesetzt. Man unterscheidet vier Kategorien:

Körperliche Reize

Körperliche Verspannungen, einseitige Belastungen, Fehl- und Schonhaltung, extreme Hitze oder Kälte, Verletzungen, Jetlag, Lärmbelastung, Infektionen und Krankheiten, Schmerzen, Schlafmangel und -störungen etc.

Seelische Reize

Versagens- und Zukunftsängste, Prüfungssituationen, Hetze, Ärger, Wut, Überforderung, Gefühle von Hilflosigkeit, Verlust eines geliebten Menschen, Trauer, Gefühl des Ausgebranntseins etc.

Soziale Ängste

Das Gefühl abgelehnt (nicht geliebt) zu sein, unfreiwillig Single sein, gesellschaftlichen Normen nicht genügen, Anforderungen im Beruf nicht erfüllen zu können, Angst vor Arbeitsplatzverlust etc.

Chemische Reize

Unausgewogene und einseitige Ernährung, Drogen, Alkohol, Medikamentenmissbrauch, Umweltgifte etc.

Wenn Sie beim Durchlesen dieser Auflistung mehr als acht gedankliche Häkchen gesetzt haben, sind sie im Stress. Da die Stressregulation der Kontrolle des vegetativen Nervensystems unterliegt, also nicht durch unseren Willen beeinflussbar ist, erfolgt die Reaktion auf Stressreize spontan und ist mit Logik und Denken nicht zu kontrollieren. Durch die Zunahme von Stressoren geraten immer mehr Menschen in einen ungesunden Dauerstress. Für sie wird es extrem wichtig, die Balance zu wahren, also in Lebensphasen erhöhter Stressbelastung bewusst Methoden einzusetzen, die Körper und Geist gezielt in die Gegenreaktion, nämlich Entschleunigung und Entspannung, führen und somit dem Stress entgegenwirken.

Achtsame Massage hilft

Unter diesem Gesichtspunkt ist auch eine Massage ein sehr guter Weg, um zur Ruhe, Entspannung und damit zum Wohlbefinden zurückzufinden. Und zwar deshalb, weil man hier als Klient tatsächlich einmal passiv empfangend bleiben darf und nichts als spüren, atmen und erholen soll. Nicht jede Massage ist jedoch dazu geeignet, die Batterien aufzuladen. Bei der medizinischen Massage, die sich auf schmerzende Zonen konzentriert und druckfest, gezielt und schnell auf den Punkt hin behandelt, geht es um andere Therapieziele als um das tiefe Loslassen. Es gibt jedoch komplementäre Methoden, die sich durch besondere Behandlungsmuster, rhythmische Griffe und ein achtsam-behutsames Eingehen auf den Klienten auszeichnen. Die Ausrichtung liegt hier auf dem Wohlbefinden. Zu diesen speziellen Methoden, die den Empfangenden in Tiefenentspannung führen können, zählt die TouchLife Massage. Um Tiefenentspannung zu erleben, muss zunächst ein Raum des Vertrauens entstehen, der durch die Achtsamkeit und Präsenz des Massierenden geschaffen wird. Nur wer sich geschützt und angenommen fühlt, kann sich fallen lassen und loslassen und taucht dadurch in seine heile Innenwelt ein. Das begründet die Wirksamkeit einer Massage, die das Wohlbefinden fördert und den Menschen in seiner individuellen Empfindsamkeit achtet.

Das hört sich gut an? Ist es auch. Und so kommt das im Gehirn an: Wohlbefinden signalisiert dem Gehirn das »Ende der Alarmbereitschaft«. Es wird kein Stresshormon mehr gebraucht, um unsere Leistungsfunktionen am Limit zu halten. Es geht nicht mehr ums »Überleben«. Der gesamte Organismus, der vom vegetativen Nervensystem beeinflusst wird, darf jetzt seine Tätigkeit zurückfahren und sich auf eine Erholungs- und Regenerationszeit freuen, die mit der Senkung des Blutdrucks sowie der Herz- und der Atemfrequenz einhergeht. Für die Verdauung steht wieder Energie zur Verfügung, Magen und Darm können mit ihren wichtigen Aufgaben fortfahren.

Untersuchungen mittels EEG-Aufzeichnungen haben gezeigt, dass im Zustand der Tiefenentspannung im Gehirn sogenannte Alphawellen (8–13 Hertz) vorherrschen. Unser Denken ist dann fließend und leicht, kreativ und fantasievoll. Im »Alphazustand« herrscht eine positive Grundstimmung, Körper und Geist werden als Einheit erfahren. Messungen zeigen, dass den Alphawellen biochemisch eine erhöhte Ausschüttung sogenannter »Glückshormone« (Endorphine) im Gehirn folgt. Sie wirken schmerzlindernd und -unterdrückend, indem sie die Schmerzleitung unterbrechen. Endorphine sind in dem Gehirnteil, der für unsere Gefühle und euphorische Stimmungen zuständig ist, als Überträgerstoff nachgewiesen worden. Anders ausgedrückt: Achtsame Berührung ist in der Lage, Gefühle des Glücks auszulösen, vorausgesetzt, die gewählte Massagemethode ermöglicht es den Empfangenden, in eine gute Tiefenentspannung zu kommen. Solche »Glücksgriffe« lassen uns dann wieder lächeln, wir fühlen uns »wie im siebten Himmel«.

TouchLife Massagen helfen, besser mit Alltagssituationen zurechtzukommen, die uns in Stress versetzen. Warum? Weil der Körper während der Behandlung wieder in sein natürliches Gleichgewicht zwischen Anspannung und Entspannung zurückgeführt wird. Das optimiert unsere Ausgangsposition, intelligent zu handeln. Mit der gewonnenen Gelassenheit kann einer im Außen eventuell noch vorhandenen Stresssituation mit neuer Kraft und Klarheit begegnet werden. Wenn wir uns daran erinnern, können wir Massage bewusst in Lebensphasen einsetzen, in denen wir durch äußere Umstände stark gefordert sind. Der äußere Stressauslöser mag noch da sein, aber im Moment der Berührung erfahren Körper und Geist endlich wieder die Kraft, die aus der Ruhe kommt.

Frank B. Leder
begründete 1989 mit Sylvia Kali Gräfin von Kalckreuth die TouchLife Methode. Als Massage-Lehrer bildet er Behandler aus, ist Initiator des Internationalen TouchLife Massage-Netzwerks, Fachbuch-Autor und leitet Achtsamkeits-Retreats.

Buch-TIPP
Leder, von Kalckreuth
Glücksgriffe Balance für Körper und Geist mit der TouchLife Massage
196 Seiten, € 19,90
ISBN 978-3-935407-06-9
Verlag naturaviva