Wege aus der Sucht

Sucht raubt dem Menschen die Freiheit, Sucht erstickt Kreativität und Lebenslust. Jeder, der süchtig nach etwas ist oder es war, weiß um die Fesseln, die die Abhängigkeit dem Süchtigen anlegt. Jan Geurtz war lange Jahre abhängig von Zigaretten und zeitweise auch von Drogen und betreut Abhängige heute professionell. Er kennt alle schrecklichen Wirkungen der Sucht. In seinem Buch „Suchtfrei“ berichtet der Niederländer über die Mechanismen, die Menschen in ihrer Abhängigkeit gefangen halten, und stellt eine Methode vor, mit der sich Süchte ohne Kampf mit den eigenen Zwangsgedanken überwinden lassen – ohne „nennenswerte Entzugserscheinungen“, wie der Autor betont.

Jan Geurtz kratzt dabei nicht an der Oberfläche des Lebens, er gräbt tiefer und stellt letztlich die Frage nach dem Sinn des Daseins. Deshalb ist das Buch mehr als eine Hilfe für Süchtige – es ist ein Lebensratgeber, der jedem, insbesondere auch Angehörigen von Abhängigen und Menschen, die sich im Beruf mit Suchtkranken beschäftigen, viele aufschlussreiche, neue Sichtweisen eröffnen kann.

Der Autor zeigt mit seiner„Aufatmen-Methode“ Auswege aus jeder Art von Abhängigkeit: ob von Zigaretten und Drogen oder vom Spiel,Fernsehen und Sex. Er ist überzeugt davon, dass alle Süchte dem in der Kindheit erworbenen, negativen Glauben über die eigene Person entspringen, der schließlich Gefühle der Unzulänglichkeit erzeugt. Daher sieht er „auf einer tieferen Ebene wenig Unterschied zwischen einem Heroinabhängigen und jemandem, der jeden Abend stundenlang zwanghaft Computerspiele spielen muss“.

Geurtz begründet in „Suchtfrei“ schlüssig, warum der Auslöser von Abhängigkeiten, der von den Eltern übernommene negative Glauben über sich selbst, nichts anderes ist als eine Illusion. Er zeigt auch, wie und wa-rum Abhängige sich von dieser Illusion befreien müssen, um schließlich in einen natürlichen Seinszustand zu gelangen, in dem das Bedürfnis nach dem Ausweg „Sucht“ nicht mehr existiert. Viele Fallbeispiele veranschaulichen diese Theorie und machen das Buch zu einer spannenden Lektüre.

Beileibenicht nur Abhängige werden sich in den Erlebnisberichten wiederfinden und erkennen, dass jeder Mensch von irgendetwas abhängig ist. Praktische Übungen geben Süchtigen darüber hinaus einen Leitfaden an die Hand, mit dem sich die Modelle von Geurtz in das eigene Leben integrieren lassen.

Das Angenehme an der „Aufatmen-Methode“ ist, dass der Autor nicht wie andere an die Willenskraft der Süchtigen appelliert. Der Kampf mit dem eigenen Ego ist bei dieser Form der Entwöhnung nicht erwünscht. Er sagt selbst: Die Methode „zeigt dir, wie du deiner Sucht entkommen und das Aufhören vom ersten Tag an als eine Befreiung erfahrenkannst, als das Ende eines erdrückenden Alptraums, als ein erleichtertes Aufatmen“.
Die Begründung von Jan Geurtz ist einleuchtend: Gefühle von Unzulänglichkeit, Schwäche und Schuld treiben Abhängige geradezu in die Sucht und damit in einen Teufelskreis – ein Teufelskreis, der sich durchbrechen läßt, wenn er durchschaut wird.

Zentrale Gedanken und Übungen wurden in „Suchtfrei“ aus dem Buddhismus entlehnt. Inspirieren ließ sich der Autor dabei vor allem von den Lehren des tibetischen Lama Sogyal Rinpoche. Die in dem Ratgeber vorgestellten Theorien und Techniken sind jedoch „konfessionslos“ und, vorausgesetzt, man bringt Zeit mit, eine echte Lebenshilfe mit der großen Chance auf ein Happy End.

BUCH-TIPP
Geurtz, Jan
Suchtfrei
288 Seiten, € 15,30
ISBN: 978-3-930243-41-9
Oesch Verlag