Partnerschaften eines neuen Bewusstseins

Wer die hohe Kunst der spirituellen Liebe, des erleuchteten Sex erlernen will, der muss dies mit Haut und Haaren und allen Konsequenzen wollen und zulassen. David Deida, international bekannt als provokativ-radikaler spiritueller Lehrer, plädiert dafür, Liebe als Kunst zu leben, ohne Angst vor Fehlern und mit zunehmender Bewusstheit.

Deidas Beiträge zum spirituellen Erwachen von Frauen und Männern sind herausragend. Hunderte von Essays, Büchern, Videos und Artikeln, in fast 20 Sprachen übersetzt, befassen sich mit dem psychologischen und energetischen Zusammenspiel von Geist, Körper und Herz. Seine Seminare zum Thema „Menschliche Entfaltung und Heilige Intimität“ basieren auf einem Grundlagenwerk, das westliche Psychologie mit östlicher Weisheit und Praxis verbindet. Seine Einsichten in die Verschiedenheit von Mann und Frau und die Wirkung ihrer sexuellen Energien bieten eine ganz neue Perspektive auf die Geschlechterfrage.

Gleich ist nicht gleich
Die Geschlechter als völlig gleich anzusehen, ist für David Deida inakzeptabel. Er unterscheidet strikt zwischen gleichwertig, gleichberechtigt und gleich. Gleich sind die Geschlechter für ihn nicht – gleichwertig und gleichberechtigt schon. Seiner Meinung nach ist eine Folge der Emanzipation, dass Unterschiede zwischen Mann und Frau als eine Art Abnormalität behandelt wurden und zu Verunsicherung auf beiden Seiten geführt haben. Deida will dieser Verwirrung ein Ende setzen. Das ausgeprägt Weibliche oder Männliche sind für ihn sogar Voraussetzung für eine Beziehung mit hohem spirituellem Potenzial. Dies soll nicht heißen, dass nicht jede Person maskuline als auch feminine Seiten hat. Es geht um die innerste Essenz, welche den Wesenskern eines jeden Menschen ausmacht.

Yin und Yang
Alles basiert auf dem Zusammenspiel von Yin und Yang. Yin, das weibliche Umfassende hat dabei eine andere Ausrichtung als Yang, das männlich Zielgerichtete. 80 Prozent der Frauen und Männer fühlen sich, so Deida, am wohlsten, wenn sie mit ihrer ursprünglichen geschlechtsspezifischen Energie im Einklang sind. So sehnt sich die zutiefst weibliche Essenz nach vollkommener Hingabe an die Liebe, während die männliche Essenz die vollkommene Freiheit anstrebt: Sie ist Raum, er ist Richtung. Beide Pole ergänzen sich bestens, wenn sie ihre innerste Essenz angenommen haben und nicht gegen sie ankämpfen. Deidas Meinung nach kommt dies jedoch äußerst häufig vor. Gesellschaftliche und psychologische Faktoren sind hier am Werk.

Schalen um die Essenz
Nur allzu oft werden Jugendliche nicht unterstützt, ihre weibliche beziehungsweise männliche Essenz zu entfalten. Ein Mädchen, das für Erfolge im Sport mehr Anerkennung bekommt als für ihre fürsorgliche Ader, wird, so der Autor, eine „männliche Schale“ um ihre weibliche Essenz legen. Mit der Zeit können sich viele solcher Schalen übereinander legen und den eigentlichen Wesenskern verbergen. Bei der Partnerwahl wird dann ein Gegenstück gesucht, das mit seinen Schalen die eigene Struktur ergänzt. Zuerst „passt“ alles wunderbar, doch die größte Sehnsucht gilt immer der tieferen ureigensten Essenz und wird irgendwann durchkommen. Der einzige Weg aus diesem Dilemma, der einen eventuellen Bruch in solch einer Beziehung vermeiden kann, ist sich der Schalen bewusst zu werden und dem Partner genau das zu geben, was man selber von ihm will. Enthalten wir ihm nämlich diese Dinge, so wird eine Resonanz entstehen, die den Mangel reflektiert.

Drei Stufen
Je nach Bewusstheitsgrad und Intentionen der beiden Partner lassen sich Paarbeziehungen in drei Kategorien einordnen. In der ersten Stufe herrscht die Fixierung auf das Selbst und die eigenen Triebe und Wünsche vor. In der zweiten Stufe beginnen die Personen die Wünsche und Gefühle des anderen anzuerkennen. Ein Dialog beginnt, der mehr Verständnis und Mitgefühl entstehen lässt. In der dritten Stufe vermischen sich Spiritualität und Partnerschaft. Hier begegnen sich unpersönliche Polaritäten, das heißt Polarität, die nicht aus der persönlichen Geschichte beider Personen gespeist wird, sondern aus der Quelle allen Seins, die das Urmännliche und Urweibliche in sich vereint und die sich im Spiel der Dualität selbst erfahren möchte. Eine solche Beziehung ist spontan, bewusst und enthält viel Heilungspotenzial. Keiner der beiden versucht mehr, den anderen zu kontrollieren, sondern bietet Raum, damit sich die Quelle, die sich durch das Paar ausdrücken möchte, atmen kann. Diese letzte Stufe setzt große Bewusstheit und eine ausdrückliche Entscheidung für die Hingabe an das „Göttliche“ voraus.

Übergänge
Während sich viele verschiedene Therapieformen zur Zeit mit der zweiten Stufe beschäftigen, widmet sich Deida besonders der dritten Stufe. Die Übergänge zwischen den Stufen sind natürlich fließend. Doch gibt es einige Merkmale, die auf einen Wechsel hinweisen. In der zweiten Stufe nimmt oftmals die Erotik ab, da die Partner aus der Polarität heraus kommen und aufeinander zugehen. In der dritten Stufe nimmt die Erotik wieder zu, da die „Schalen“ abgeworfen werden. Wenn der Übergang von der ersten zur zweiten Stufe jedoch noch nicht ganz vollzogen ist, wird sich der nächste Übergang wie ein Zurück zur ersten Stufe anfühlen. Ein Mann mit Stärke und Bestimmtheit wirkt dann bedrohlich und Hingabe fühlt sich wie Verrat an der eigenen Identität an. Die dritte Stufe beginnt außerdem mit einer bewussten Entscheidung für einen einzigen Partner, mit dem man in die Tiefe geht.

Liebe ist Offenheit
Immer wieder betont David Deida, dass die Erkenntnisse im Alltag umgesetzt werden müssen. „Liebe ist etwas, das Sie trainieren können wie Tennis spielen oder Geige – nicht etwas, das Sie entweder fühlen oder nicht.“ Anstatt auf die Liebe zu warten, sollte man sie aktiv angehen. Selbst, wenn man sich zurückgewiesen oder verletzt fühlt, ist es am besten, man bleibt offen. Der Autor geht sogar noch einen Schritt weiter und empfiehlt, sich stets ein Stück über seine Angst hinaus zu öffnen: „Wenn Sie merken, dass Sie sich wieder verschließen, gestatten Sie sich, dieses Sich-Verschließen zu sein. Während Sie sich als Sich-Verschließen fühlen, heizen Sie es auf und öffnen Sie sich“. Wenn wir aktiv Liebe praktizieren, beginnt unweigerlich unser angeborener Wesenskern zum Vorschein zu kommen. Dieser spiegelt unser tiefstes Sein, die Wurzel unserer Sexualität.

Das Ich und das Leiden
Eigentlich übt man beim Sich-Öffnen nur, zu sein, was man bereits ist – im Innern. Wenn wir hingegen versuchen, etwas zurück zu halten, leiden wir. Darum ist das rückhaltlose Geben und Annehmen ein wichtiger Teil des Sich-Öffnens. „Leiden ist der gefühlte Unterschied zwischen dem, was Sie scheinbar fühlen, und dem, was Sie fühlen würden, falls Sie sich erlaubten, das zu fühlen, was tatsächlich ist“, schreibt Deida. Weil wir gewöhnlich das Gefühl des Sich-Verschließens „tun“, nennt Deida das Ich einen reflexartigen Spannungszustand, den Inbegriff der „Unliebe“. Das Ich versuche immer, sich zu behaupten, sich selbst zu schützen. Es hoffe, umsorgt zu werden, offener zu werden, aber im Grunde sei es nur mit sich selbst beschäftigt. Anstatt ständig das Gefühl des Ichs aufrecht erhalten zu wollen, könne man durch diese emotionalen Reflexe „hindurch atmen“ und lernen, sich für seine tieferen Emotionen zu öffnen. Diese Emotionen sollten nicht verleugnet, sondern akzeptiert werden, da dies zu noch größerer Offenheit führt.

Aber bitte mit Herz
„Genießen Sie Liebesgefechte“, verlangt Deida deshalb. Solange man die Verbindung zu seinem Herzen aufrecht erhält, können alle Emotionen offen gezeigt werden. Sie verletzen den Partner nur, wenn die Herzverbindung abbricht. Eine gute Übung diesbezüglich ist während eines Streits auch trotz heftiger Emotionen zu versuchen, den Blickkontakt zu halten. Ebenso ist der Hinweis Deidas wichtig, dass ein Mann erst durch den Fluss sexueller Energie zu Offenheit neigt, während es bei der Frau umgekehrt ist: Sie will zuerst „liebevolle Präsenz“ von ihrem Partner. Der Mann reagiert mehr auf „liebevolle Energie“.

Erleuchtung – Ende der Illusion
Letztendlich liegt die Antwort auf die innersten Sehnsüchte bei Frauen wie bei Männern im eigenen Innern. In der Fülle und Tiefe des Moments aufgehen, ins Einssein entspannen, seine tiefsten Gaben verschenken: das ist Deidas Credo. Versucht man, in der Beziehung, in der Mutterrolle oder im Erfolg die absolute Liebe oder Freiheit zu finden, bleibt die Erfüllung aus. All das ist nur Ersatz für die innersten Sehnsüchte. Und selbst wenn man schließlich in sich ruht und offen ist, ist dies kein Garant für Glückseligkeit. Jeder Augenblick kann ungeheure Fülle sein, durch seine Flüchtigkeit aber auch grenzenlose Leere bedeuten. Dann kann der Punkt kommen, wo wir vollends loslassen und uns nicht mehr gut fühlen wollen oder müssen. Das ist das Ende der Illusion und der Beginn bedingungsloser Liebe. Deida sagt: „Wenn irgendwann die Hoffnung geschwunden ist und Ihnen nichts anderes übrig bleibt, entspannen Sie im Mantel der Leere, den Sie bereits tragen. Legen sie das offene Glück der Liebe an. Tragen Sie grenzenlose Leuchtkraft“.

Weitere Informationen unter:
www.weltinnenraum.de
www.tao-cinemathek.de

BUCH-TIPP
David Deida
Nackt zur Wahrheit
220 Seiten, € 18,50
ISBN: 978-3-89901-076-3
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Der Weg des wahren Mannes
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