Ein langer Heilungsweg

Aus der Fettleibigkeit in ein neues Leben

Fettleibigkeit (Adipositas) ist eine Krankheit, von der in Deutschland über 10 Millionen Menschen betroffen sind. Iris Paul-Feußner, geboren 1966, erzählt schonungslos ehrlich von ihrer äußeren und inneren Heilung dieser Krankheit. Während eine Operation sie „schnell“ von ihrer äußeren Hülle befreite, musste sich die Autorin auf einen langen Weg durch die Tiefen ihrer Psyche machen, um auch die „innere Dicke“ zu überwinden.

Iris Paul-Feußner, ehemalige Steuerberaterin, jetzt bekannte Psychotherapeutin und Gründerin der Tantrischen Körperpsychotherapie, ist gesund, lebensfroh und mit großem Herzen dabei, anderen Menschen mit Fettleibigkeit, der so genannten Adipositas, professionelle Hilfe zu bieten. In der Sendung Nachtcafé hat sie vor kurzem ebenfalls von ihrem Heilungsweg berichtet und viele Menschen damit berührt. Vor einiger Zeit war das für sie unvorstellbar:

Im Alter von 35 Jahren wog sie fast 170 Kilogramm, hatte unzählige Diäten hinter sich und schien am Ende ihres Lebens angekommen. Die Krankheit brachte ihre inneren Organe langsam zum Versagen. So unterzog sie sich als eine der Ersten in Deutschland einer speziellen Adipositas-Operation, bei der der Magen verkleinert und der Darm verkürzt wird. 90 Kilos nahm sie daraufhin ab. Doch wenn auch der Körper gesundete: die Seele hinkte hinterher. Wie bei vielen Betroffenen erschwerten Suchtverlagerungen und Depressionen die Rehabilitation dieser drastischen Operation. Mithilfe von therapeutischen Kollegen stellte Iris sich mutig dem Schmerz und der Trauer, die Traumatisierungen in ihrer Geschichte hinterlassen hatten. Und auch ihre gegenwärtigen Gedankenmuster bargen eine Menge selbstboykottierender Formeln.

Doch erst danach begann das wahre „Wunder“ – „am Rande der Haut“, wie sie schreibt. Sie machte sich auf den Weg, „fühlbare“ Antworten zu finden. Dieser Weg führte sie schließlich zu Tantra. Durch Tantra lernte sie einen ganz neuen Bezug zu ihrem Körper herzustellen. Die bewusste und respektvolle Annäherung an die Haut – als physische, aber auch psychische Instanz – spielte dabei eine große Rolle.

Sexualität war für Iris zur Zeit der Krankheit, schon aus rein praktischen Gründen, nahezu unmöglich. Doch schlummerten auch eine Menge alter Vorstellungen in ihr, die der Revision bedurften. Dabei reichte das „Nichthassen“ des eigenen Körpers noch nicht aus. Erst durch die praktische Erfahrung, die meditative Einkehr und die Bewusstheit im Tantra lösten sich allmählich Blockaden und Spannungen. Die spürbare Versöhnung mit dem eigenen Körper bedurfte der konkreten neuen Erfahrung. Der praxisbezogene Aspekt des Tantra ist eine gute Ergänzung zum intellektuellen Ansatz der Psychotherapie. Aus diesem Grund hat die Autorin die „Tantrische Körperpsychotherapie“ mit dem Tantra-Meister und Sexualtherapeuten Andro Rothe gegründet.

„Die sexuelle Kraft ist unsere Ur-Energie und daher sollten wir uns gerade ihrer annehmen und sehen, wie viel Gutes aus ihr entstehen kann“, sagt Iris. Offenheit sei dabei ganz wichtig, um die Punkte zu finden, wo die Selbstliebe fehlt, wo man unberührbar ist. „Oftmals fängt das Lernen der Sexualität damit an, sich selbst als sexuelles Wesen zu entdecken und diese Entdeckungen auch anzunehmen. Die Selbstliebe wird zu einem starken und zutiefst nährenden Aspekt, denn wenn der Lernende mit seiner Seele fähig wird, auch seinen Körper zu lieben, dann verändert dies auch seinen Blick und seine Begegnung mit anderen Menschen.“

Dann können wir den Zustand des zutiefst Authentischen und Meditativen und des Glücks, den der sexuelle Akt eigentlich birgt, erfahren. Feußner zumindest hat nach ihrer Odyssee wieder ein Leben gefunden, „das ihr eine immer wieder neu zu entdeckende Fülle von zuvor nicht vorstellbarer Intensität und Spannung bietet“.

BUCH-TIPP
Paul-Feußner, Iris
Am Rande der Haut …
189 Seiten, € 17,80
ISBN: 978-3-936360-25-7
Innenwelt Verlag