Mehr Frau-Sein erlaubt

Was bedeutet Weiblichkeit heute? Die Tendenz, dass sich die Rollenbilder von Männern und Frauen immer mehr angleichen, will Autorin Leila Bust stoppen. Die erfahrene Paar- und Sexualtherapeutin gibt Anregungen, sich im Femininen neu zu entdecken – frei von Klischees und traditionellen Frauenrollen. Die Männerwelt haben die Frauen längst erobert, findet sie. Nun geht es darum, die Frauenwelt zu revolutionieren.

Leila Bust ist Religionspädagogin und systemische Paar- und Sexualtherapeutin. Sie entwickelte und leitet die Dakini-Frauentrainings. Zusammen mit Bjørn Thorsten Leimbach leitet sie seit 1995 Partnerschaftsseminare sowie das »Liebes- und Beziehungstraining«.
Newsage: Frau Bust, die Frauen haben sich in den letzten Jahrzehnten stark emanzipiert. Warum sind sie häufig so unzufrieden?

Leila Bust: Der von der Frauenbewegung initiierte Rollenwandel bewirkte ein neues Selbstverständnis für Frauen. Dabei entwickelten und verstärkten Frauen ihre männlichen Fähigkeiten und Energien, wurden durchsetzungsfähig und unabhängig. Dieser Prozess bewirkte eine Vermännlichung der Frau, indem die männlichen Qualitäten auf Kosten von weiblichen Fähigkeiten verinnerlicht und für die eigenen gehalten wurden. Erst nach Jahren zeigen sich für Frauen die Auswirkungen dieser Lebensweise, etwa in Form von körperlichen Krankheitssymptomen oder Problemen in Beziehung und Partnerschaft.

Was können Frauen ändern?

Weiblichkeit hat mit Körperlichkeit und Sexualität zu tun. Der Weg zur eigenen Weiblichkeit geht daher über eine positive Beziehung zum eigenen Körper – nicht nur Sport zu treiben, sondern auch eine liebevolle Akzeptanz zu ihm zu entwickeln und ihn von innen zu fühlen, sich mit seinen Empfindungen, Bedürfnissen und seinen Sinnen zu verbinden.

»Die Zeit ist reif, dass wir Frauen uns auf uns selbst besinnen und unsere eigene Freiheit und Liebe erkennen.«

Welche Tipps geben Sie den Leserinnen, damit sie ein selbstständiges und glückliches Leben führen können?

Als Erstes müssen wir verstehen, dass das, was wir im Mann suchen, in uns selbst liegt. Wir dürfen uns nicht ständig vergleichen, denn wir sind nun einmal ganz anders. Wir brauchen auch nicht mit Männern kämpfen, um uns die eigene Autonomie zu beweisen und frei zu sein, denn das sind wir bereits. Auch unser Lebens- und Liebesglück hängt nicht vom Mann ab, die Schlüssel zur Liebe tragen wir in unserem Herzen.

Darüber hinaus geht es darum, eine positive Haltung zum eigenen Frausein zu finden und unsere naturgegebene feminine Lebenskraft anzuerkennen, zu würdigen und zu leben. Dafür benötigen wir die Unterstützung von anderen Frauen in Form von Frauenfreundschaften. Trotz der Suche nach dem Liebesglück leben heute viele Frauen für kürzere oder auch längere Phasen allein. Diese Singlezeit kann sehr wertvoll sein, wenn sie sich in dieser Phase ganz bewusst sich selbst zuwenden. Auch wenn eine Frau in einer Partnerschaft lebt, sollte sie Zeiten für sich allein einrichten, in denen sie sich mit Wertschätzung und Liebe wahrnimmt, damit die Beziehung gelingt und sich beide Geschlechter mit ihren Bedürfnissen begegnen können.