Ich liebe dich … und jetzt?

Paare, Einzelpersonen und Gruppen aus Deutschland, Frankreich, England, den USA und Rumänien suchen seinen Rat und seine Hilfe: Claus Kostka, Jahrgang 1955, verheiratet, 4 Kinder, arbeitet seit 22 Jahren in seiner eigenen Praxis für Körperpsychotherapie, systemische Familientherapie und Paartherapie. Bekannt wurde er durch sein Praxisbuch „Ich liebe dich und was jetzt?“

newsage: Fast jeder von uns hat schon am eigenen Leib schmerzhaft erfahren, dass in einer Beziehung ein Prinz plötzlich zum Frosch wurde oder dass die Flamme der Liebe allmählich erlosch. Was sind die häufi gsten Gründe dafür?
Claus Kostka: Ein alter Mann, der gefragt wurde, worauf er wirklich stolz sei in seinem Leben, antwortete nach kurzer Besinnung: „Dass ich nach 35 Jahren Ehe noch immer neben meiner Frau aufwachen kann und denken kann … ‚Wow, wer ist denn da?‘“

Ich begegne in den Paargesprächen, die ich in meiner Praxis begleite, oft Grundhaltungen, die es schwierig machen, gut in Beziehung zu sein: Du musst dich ändern! Oder: Das sollst du für mich tun! Oder ähnliche Haltungen, die weder den Respekt vor dem anderen, noch die Dankbarkeit für den anderen ausdrücken.

newsage: Und was kann man dann tun, um die Beziehung wieder zum Laufen zu bringen?
Claus Kostka: Ich sag es mal so: Erlauben Sie sich, den anderen so zu sehen, wie Gott ihn gemeint haben könnte. Der Ausspruch stammt nicht von mir, aber er gibt sehr schön die Haltung wieder, die nötig ist. Erinnern Sie sich, wie alles angefangen hat, erlauben Sie sich, den anderen wieder mit den Augen der Liebe zu sehen, die Sie für ihn anfangs hatten, und Sie haben schon den halben Weg geschafft! Bei meiner Arbeit mit Paaren geht es darum, wieder zu sehen, was einzigartig ist am anderen und eben auch an mir. Damit bekommt die Beziehung wieder neue Lebendigkeit. Meine Empfehlung ist es darüber hinaus: Nicht zu schnell aufgeben! Es lohnt sich, sich um den anderen zu bemühen, Durststrecken durchzuhalten und sich immer näherzukommen. Wir sind das so gewöhnt: Etwas funktioniert nicht mehr und anstatt es zu reparieren, werfen wir es weg. Ich will nicht sagen, dass jede Beziehung halten muss. Es gibt auch Abschnitte, die ich mit jemandem gehe, und danach geht es nicht mehr weiter, da wir miteinander erledigt haben, was zu erledigen war. Aber generell erlebe ich einen steigenden Unwillen, wirklich an der Beziehung zu arbeiten. Tatsächlich zerstören wir sie oft unwissentlich: Stellen Sie sich doch mal vor, wenn Ihnen jeden Tag jemand durch Wort und Tat zu verstehen gibt, dass Sie nichts wert sind. Wie lange wird es wohl dauern, bis Sie es selbst glauben? Und jetzt stellen Sie sich bitte mal das Gegenteil vor. Na, welche Folgen wird das wohl haben?

Wenn Sie es schaffen, aus ihrer Liebe heraus ein inneres Bild Ihres Partners bzw. Ihrer Partnerin zu erschaffen, in dem er oder sie strahlend, freundlich, zu gewandt und erotisch ist, was wird wohl geschehen?

newsage: In Ihrem Buch gibt es auch eine Reihe von kleinen Übungen, die helfen, dem Partner wieder näherzurücken. Können Sie uns ein Beispiel geben?
Claus Kostka: Gerne. Wir alle sind es gewöhnt, unser Augenmerk hauptsächlich auf das zu richten, was nicht funktioniert. Dadurch entsteht eine erdrückende Atmosphäre von „nichts ist gut genug“. Das erschafft unnötiges Leiden. Und wir sind sowieso selbst unsere schärfsten Kritiker.

Ganz anders wird es, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf das richten, was funktioniert, was schön ist, was Freude macht, und es auch aussprechen. Eine freundliche und ehrliche Anerkennung kann einen ganzen Tag vergolden und ist der Nährboden, auf dem Gutes wachsen kann. Es ist immer wieder erschreckend mitzuerleben, wie wenig Paare in meiner Praxisarbeit sich gegenseitig anerkennen und wie sehr sich andererseits jeder nach der Anerkennung des anderen sehnt.

newsage: Am 13. und 14. Oktober fi ndet in Freiburg eine Tagung zum Thema „Ich liebe dich – und jetzt?“ statt, für die Sie bedeutende Referenten wie etwa Eva- Maria Zurhorst – Bestsellerautorin von „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“ gewinnen konnten. Was erwartet die Teilnehmer?
Claus Kostka: Diese Tagung bietet zunächst Information zum Thema und dann die Möglichkeit, diese in Workshops zu vertiefen, wie ich mit der unbekannte Spezies „Mein Partner“ besser umgehen kann, wie ich mein Herz öffnen und so die Liebe zum Erblühen bringen kann. Es ist ein außerordentliches Angebot, zu erfahren, dass es so etwas wie „Beziehungs-Unfähigkeit“ nicht gibt, sondern dass wir im tiefsten Inneren alle beziehungsfähig und begehrenswert sind. Wir haben es nur entweder verlernt oder es wurde uns abgesprochen. Um das zu verdeutlichen habe ich Referenten aus den verschiedensten Bereichen eingeladen. Ich freue mich schon sehr auf den Austausch und die Workshops mit den Kollegen in Sachen „Beziehung und Liebe“.

newsage: An der Tagung wird auch die Autorin und ehemalige Nonne Regina Sara Ryan teilnehmen und über die spirituelle Dimension in Beziehungen sprechen. Glauben Sie, das eine solche Dimension Beziehungen grundsätzlich festigt?
Claus Kostka: In meinem Buch habe ich beschrieben, dass es für eine Beziehung wichtig ist, eine Vision zu haben (wenn es keine gemeinsame Vision ist, dann sollten doch beide die Vision des jeweils anderen wohlwollend unterstützen). So eine gemeinsame Vision kann eine Art roter Faden sein, der durch schwierige Zeiten, die in jeder Beziehung auftreten, hindurch hilft. Da kann gerade die spirituelle Dimension der Beziehung ein wichtiger Bestandteil einer solchen Vision sein. Ich persönlich weigere mich schon seit längerem standhaft, zu glauben, dass wir hier auf diese Erde kommen, um irgendwie unser Leben verbringen und dann wieder sinnlos verschwinden. Dabei ist für mich die spirituelle Dimension von Beziehung eher einfach und „erdig“. Ihr Partner hat zum Beispiel Hunger, gerade auch im übertragenen Sinn, und Sie „nähren“ ihn. Oder er leidet und Sie sind mitfühlend, anstatt verurteilend oder besserwisserisch. Das ist für mich gelebte Spiritualität.

newsage: Warum ist es eigentlich so schwer zu lieben?
Claus Kostka: Gute Frage! Sie beschäftigt mich schon sehr lange. Ich meine: Liebe lebt von Mitgefühl, Großzügigkeit, Freundlichkeit, durchaus mit einer guten Prise Abgrenzung, Verschiedenheit und konstruktiver Auseinandersetzung. Das alles ist nicht angenehm für unser „Ego“. Es möchte sich eigentlich nicht so gerne entwickeln, sondern in seiner Weltsicht bequem eingerichtet bleiben. Durch die erwähnten Haltungsveränderungen immer wieder angeschubst, wird es mit der Forderung nach Entwicklung konfrontiert. Das bedeutet einen Verzicht auf Bequemlichkeit und auf eine trügerische zwischenmenschliche Ruhe. Leider wissen viele Menschen nicht, dass Beziehung erst dort anfängt, wo es unbequem zu werden scheint und wir uns eben nicht mehr gut auskennen. Aus der Erfahrung meiner eigenen Beziehung und meiner langen Praxisarbeit weiß ich jedoch: Wenn wir uns wirklich auf einen solchen Weg einlassen, bekommen wir im Gegenzug mehr, als wir je zu träumen gewagt haben. Wir erfahren und teilen ein Leben mit einem anderen Menschen, welches zutiefst beglückend, erfüllend und lebendig ist.

Weitere Informationen unter:
www.clauskostka.de
www.ichliebedich-undjetzt.de