Tipps für Paare

…die es bleiben wollen

Sie sind selbst durch die verschiedensten Stadien einer langjährigen Beziehung gegangen: Helena Løvendal und Nick Duffell geben in ihrem „Buch für Paare, die es bleiben wollen“ ihre Erfahrungen über die vielfältigen Motive und Muster weiter, die dem Glück zu Zweit oftmals im Wege stehen.

newsage: Warum arbeiten Sie schwerpunktmäßig mit Paaren und bilden andere Therapeuten in dieser Richtung aus?
Helena / Nick: Wir waren bereits als Paartherapeuten tätig, als wir trotz unserer psychologischen Ausbildung merkten, dass unsere eigene Beziehung nicht funktionierte. Wir fühlten uns wie Versager. Aber dann erkannten wir, dass wir gar keine Ausnahme waren und fast alle Paare in unserem Umkreis mit denselben Problemen kämpften. Das führte zu einer vertieften Beschäftigung mit dem Thema. Wir suchten verschiedene Lehrer auf und lernten eine Menge dazu. 1995 (wir waren bereits acht Jahre zusammen) beschlossen wir, Seminare für Paare anzubieten. Wir wollten vermitteln, dass Konflikte in Partnerschaften kein Zeichen dafür sind, dass man mit der (oder dem) Falschen zusammen ist. Die meisten Paare wollen das Handtuch werfen, sobald Krisen auftauchen – einfach, weil sie keine Anleitung haben, wie sie damit umgehen sollen. Dabei ist das genau der Punkt, wo eine Beziehung erst richtig beginnt.

newsage: Konflikte sind also nicht nur eine Herausforderung, sondern sogar essentiell, damit beide Partner den Prozess einer Transformation vollziehen können?
Helena / Nick: Ja, weil Verliebtsein ein schöner Traum ist – aus dem man schließlich erwachen wird! Das muss sogar so sein, damit Sie das falsche Selbstbild loslassen, das Sie seit Ihrer Kindheit entwickelt haben. Konflikte können die nötige Energie dafür liefern – vorausgesetzt Sie lassen Streit zu und können Enttäuschungen akzeptieren. Es bringt Sie einfach nicht weiter, wenn Sie Krisenzeiten herunterspielen und immer versuchen, nett und lieb zueinander zu sein.

Um die Liebe, die sich Liebende wünschen, ins Leben zu rufen, müssen beide sich dem Prozess der Wandlung, der in einer Beziehung stattfindet, hingeben. Es geht darum, die unbewusste Erwartung loszulassen, unser Partner müsse die bedingungslose Liebe bieten, die wir uns als Kinder von unseren Eltern gewünscht haben. Meistens merken Paare nach der Phase der Verliebtheit, dass ihre Gefühle füreinander nichts mit Bedingungslosigkeit zu tun haben. Anstatt dass ihr Partner Ihnen ein gutes Gefühl gibt, ist er jetzt derjenige, der Sie am meisten verletzen kann. Das innere Kind der beiden Personen fühlt sich an diesem Punkt verraten – wieder einmal. Dieser Konflikt enthält jedoch die Chance, Liebe auf eine neue Weise kennen zu lernen: als Erwachsene, die Spannungen aus Gefühlen der Getrenntheit und Andersartigkeit liebevoll annehmen, damit Wachstum stattfinden und die sexuelle Anziehungskraft erhalten bleiben kann.

newsage: Der Feminismus konstatiert, dass Mann und Frau gleich sind. Sie behaupten hingegen, dass es erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt?
Helena / Nick: Natürlich sind Frauen und Männer gleichwertig – aber sie sind nicht gleich. Indigene Völker haben immer schon die Verschiedenheit der Geschlechter zelebriert. Gleichberechtigung mit Gleichheit gleichzusetzen, tut beiden Seiten Unrecht, weil es impliziert, dass es egal ist, ob wir Mann oder Frau sind. Der Impuls, die Geschlechter gleichzuschalten, ist eine Reaktion auf Jahrhunderte, in denen ein männlich geprägtes Wertesystem galt. Psychologisch gesehen will das Opfer sich mit dem Unterdrücker identifizieren. Wir denken, es ist Zeit, einen Schritt darüber hinaus zu gehen.

newsage: Was gibt es noch für Gründe, aus denen Konflikte entstehen?
Helena / Nick: Paare können sich über 1001 Dinge streiten. Die größten Konflikte entstehen aber aufgrund von Geschlechtsunterschieden, unverarbeiteten Familienproblemen und der existentiellen Schwierigkeit, zu lernen, gleichzeitig stark und auch verletzlich zu sein. Eine Beziehung braucht Partner, die willens sind, sich in ihrer Verletzlichkeit zu zeigen – und dafür muss man seine Stärke kennen.

newsage: Warum erscheint Leiden oft wie eine Sucht?
Helena / Nick: Tja, das ist kompliziert. Die kurze Antwort wäre, dass es sich trotz des Schmerzes psychologisch sicherer anfühlt, weiterhin zu leiden. Es ist vertrauter. Auf Besseres zu hoffen, beinhaltet das Risiko der Enttäuschung, der Verletzung und, im schlimmsten Fall, des Verlassenwerdens. Verschiedene Beziehungsszenarien aktivieren unvermeidlich die alten Erinnerungen Ihrer Kindheit. Ihre ersten Erfahrungen mit Liebe und Intimität haben Sie als verletzliches Kind gemacht. Dieses ursprüngliche Muster wirkt sehr stark.

Obwohl Sie heute erwachsen sind, wechseln Sie in einer Paarbeziehung oft ungewollt zu der Perspektive des Kindes über. Das kann nur schief gehen, weil das Kind emotionales und psychologisches Überleben an erste Stelle stellt – und nicht Beziehung. Daraus entsteht eine gegenseitige Abhängigkeit, die wir dann mit Liebe verwechseln. Dabei ist Liebe viel mehr. Wir müssen nur stark genug sein, die Zyklen von Sterben und Wiedergeburt in der Beziehung durchzustehen. Das Leben „hilft“ uns ständig, solche Prozesse wieder zu erleben, bis wir es endlich kapieren.

Die Autoren Helena Løvendal und Nick Duffell

newsage: Sie sagen aber auch, der Fokus eines jeden Partners solle auf dem Selbst sein.
Helena / Nick: Ja, denn sie können den anderen nicht ändern, also versuchen Sie es erst gar nicht! Seien Sie stattdessen ehrlich darüber, was Sie wollen, was Sie geben oder nicht geben können und schauen Sie, was Sie aus jeder gemeinsamen Erfahrungen lernen können. Sich ständig mit dem anderen zu beschäftigen ist ein sicherer Weg, eine Liebe zu zerstören. Wenn Sie ein bisschen tiefer schauen, finden Sie hinter diesem Verhalten das Kind, das den anderen kontrollieren möchte, um sich sicherer zu fühlen.

newsage: Worauf sollte man erst einmal ganz besonders achten, um eine gute Beziehung zu führen?
Helena / Nick: Männer sollten versuchen, ihre Angst vor Frauen aufzugeben – das ist in unserer Zeit etwas ganz Wichtiges. Das würde vieles verbessern.

newsage: Sie sprechen in Ihrem Buch von einem „dritten Wesen“, das sich zwischen Paaren entwickelt. Wie kann man sich das vorstellen?
Helena / Nick: Wie eine Pflanze, die man mit großer Sorgfalt pflegt und die ein Baum werden kann, der Ihnen Schatten spendet und Kraft gibt – eine Quelle der Freude.

Nähere Infos:
www.mut-zum-lieben.de

BUCH-TIPP
Duffell, Lovendal, Steffens
Das Buch für Paare die es bleiben wollen
240 Seiten, € 16,80
ISBN: 978-3-936360-23-3
Innenwelt Verlag