Entspannt Lieben

newsage: Eure tantrischen Paar-Seminare nennt ihr „Making Love“ – geht es darin um Liebe oder um Sex?

PUJA: Wir lehren, wie Paare Sex durch Bewusstsein in Liebe wandeln können, es geht um Entspannung und um das Kennenlernen der Sexualorgane. Sicherlich geht es in den meisten Tantra-Seminaren um Sex, allerdings nicht unbedingt um seinen zentralen körperlichen Punkt: die Sexualorgane. In unserem Tantra-Ansatz werden sich die Paare als zwei Hälften eines Ganzen bewusst. Wir bieten eine tantrische Vision von Sex, die ein Erforschen des feinsinnigen Austauschs der Genitalien beinhaltet. Dadurch entstehen Ekstase und Meditation ganz natürlich. Wegen unserer direkten Annäherung an Sex arbeiten wir nur mit Paaren und während unserer Retreats ist genug Zeit, alles im eigenen Zimmer auszuprobieren. Es finden also alle sexuellen Aktivitäten nur im eigenen Hotelzimmer und nicht im Gruppenraum statt.

newsage:Was ist der Unterschied zu ‚normalem‘ Sex?
RAJA: Es ist ein langsamerer Ansatz, es geht um Entspannung und Sensitivität, nicht so sehr um Sensationen und Stimulierung. Normalerweise wird beim Sex sehr schnell auf einen Orgasmus zugesteuert. Das kann zu An- und Verspannung, vorzeitigem Samenerguss oder sexuellem Frust führen. In Wahrheit fühlen wir uns aber auf ganz natürliche Weise ekstatisch, wenn wir anfangen, uns beim Sex erst einmal tief zu entspannen. Der große Unterschied ist also, dass wir Entspannung auf alle erdenkliche Art und Weise ermutigen. Entspannung bringt uns ganz ins Hier – und durch diese besondere Zeitqualität wird Sex in Liebe verwandelt. Es ist erstaunlich, normalerweise seh-en wir in unseren Kursen schon nach zwei oder drei Tagen wie die Paare strahlen und liebevoller sind.

newsage: Was ist das therapeutische Ziel in eurer Arbeit?
PUJA: Wenn wir die feineren Funktionen unserer Genitalien besser verstehen können, kommen wir in Kontakt mit unserem tiefsten Selbst. Das gibt uns Vertrauen; wir werden liebender und weniger ängstlich.
Mit Sex und Liebe haben viele von uns schmerzhafte Erfahrungen machen müssen, Enttäuschungen, Unsicherheit, Unklarheit etc. Wir haben uns wegen Sex gestritten und wir haben uns wegen Sex von jemandem getrennt, den wir eigentlich lieben. Jedoch können wir das Ganze auch umdrehen: Wir können Liebe schaffen, Erfüllung und Zusammenhalt finden – durch Sex! Er kann eine stärkende, heilende Kraft sein.

newsage: Für wen ist euer Kurs geeignet?
RAJA: Für jedes Paar, das daran interessiert ist, Liebe zu machen. Manchmal haben Paare, die zu uns kommen, ganz mit Sex aufgehört – aber unser Ansatz macht die Tür zu Intimität wieder auf. Auch finden wir, dass die Information für jedes Alter passt – egal, ob sechzehn oder sechzig. Tantrische oder spirituelle Vorerfahrung benötigt man nicht. Interessanterweise ist es für junge Leute einfacher, diesen neuen Ansatz zu verstehen.

newsage: Warum?
PUJA: Junge Leute sind meist flexibler und entspannter. Wir verspannen uns einfach zu viel im Sex, wir tun zu viel und hören auch leider viel zu schnell wieder auf. Die Befriedigung ist nicht wirklich tief und wir wollen mehr. Das nächste Mal machen wir genau das Gleiche und die Unzufriedenheit wächst. Das geht bis zum Extrem, dass das Interesse an Sex völlig verloren geht oder man sich abgestoßen fühlt. Auch viele Männer haben zugegeben, dass Sex für sie harte Arbeit ist.

Wenn wir lernen, uns beim Sex zu entspannen, dann kann das Liebemachen Stunden dauern. Aber wir müssen langsamer werden, sensibler und wacher – erst dann fängt eine innere Intelligenz an, aufzuwachen. Aber es hängt vom Bewusstsein ab und nicht von einer speziellen Technik. Dann gibt es plötzlich keinen Endpunkt mehr und die Befriedigung ist wirklich tief – lieben und geliebt werden.

newsage: Lehrt ihr spezielle tantrische Rituale?
RAJA: Rituale können helfen, langsam in die Bewusstheit des Moments zu kommen. Wir ermutigen Paare dazu, wenn sie es hilfreich vor dem Liebemachen finden.
In unserer Methode nutzen wir jedoch andere Sachen, uns ins ‚Hier‘ zu bringen.

newsage: Wie seid ihr auf diese Art des Tantra gekommen? Wer oder was hat euch inspiriert?
PUJA: Glücklicherweise hatten wir zwei der höchsten Quellen tantrischer Inspiration: Barry Long und Osho. Ich habe nie erwartet, eines Tages Tantra zu lehren. Ich war auf der Suche nach mehr Tiefe im Sex – und in mir. Dann habe ich den neuen, radikaleren Ansatz von Barry Long mit den von Osho interpretierten uralten tantrischen Schriften verbunden. Die Schriften von Long bilden gleichsam die Wurzeln unserer Arbeit und Oshos Lehren verleihen ihr Flügel. Und letztlich ist es diese Art von Sex selbst, die eine tiefe Inspiration und eine spirituelle Erfahrung ist, und führte mich durch die eigene Erfahrung immer weiter.

RAJA: Als ich 1995 das erste Mal mit dieser neuen Art des Liebemachens in Kontakt kam, hat es sich für mich sofort ‚richtig‘ angefühlt. Es hatte nichts mit Schwierigkeiten in meiner Sexualität zu tun und zeigte mir neue, andere Möglichkeiten. Als ich die „Making Love“-Tapes von Barry Long hörte, konnte ich einfach die Wahrheit hinter seinen Worten spüren. Hier wurde mir eine Annäherung an Sex angeboten, bei der ich einfach meinem Körper vertrauen und alles Weitere der inneren Intelligenz in den Genitalien überlassen konnte. Ich musste plötzlich nichts mehr beweisen oder mir Sorgen machen, es war wie „nach Hause kommen“.

Wahrscheinlich waren auch meine langen Erfahrungen mit Körperarbeit wie Tai-Chi und Grounding anfangs hilfreich. Letztlich aber habe ich mich erst durch diese Art von Liebemachen richtig geerdet gefühlt und hatte wirklich Zugang zu meiner inneren Welt. Und natürlich habe ich glücklicherweise in Puja jemanden gefunden, mit dessen Erfahrung und Vertrauen ich weiter diesen Weg erforschen kann.

newsage: Wann habt ihr angefangen, eure „Making Love“-Gruppen zu leiten?
PUJA: Die erste Gruppe leitete ich 1993 für die Tantra-Lehrer in der Osho-Commune in Puna; im gleichen Jahr habe ich auch Kurse in Italien gegeben und 1994 auch mit Tantra-Lehrern von „Tantra International“ in Europa. Ich hatte also Gelegenheit, auch gemeinsam mit Lehrern von anderen Tantra-Schulen zu arbeiten. Und seither leiten wir zusammen Gruppen in ganz Europa.