You can change the world

Der Dalai Lama, Peter Gabriel, Paulo Coelho und Hans-Dietrich Genscher teilen neben ihrer Berühmtheit noch eine andere Gemeinsamkeit. Mit vielen anderen Aktivisten sind sie Teil eines Projekts, das uns helfen kann, die Welt nachhaltig zu ändern. Der Club of Budapest ist eine Organisation, in der nicht nur viele Prominente ihren Beitrag zum Weltfrieden leisten, sondern auch Ervin Laszlo, Begründer und Präsident der Vereinigung, der mit wachem Blick, offenem Herzen und bedingungslosem Mut nicht nur die Interessen seines Clubs vertritt sondern die der ganzen Welt.

Bereits Anfang der 70er Jahre war es soweit: Die katastrophalen Ausmaße der exzessiven Ausbeutung der natürlichen Ressourcen unserer Umwelt wurden offensichtlich, die profitorientierte ökonomische Ellenbogenmentalität und das blinde Vertrauen in stetiges Wachstum ad absurdum geführt. Autofreie Sonntage, Angst vor saurem Regen und Waldsterben und ein allgemeiner Kulturpessimismus bestimmten die Schlagzeilen jener Jahre. Dass die Natur unerschöpflich sei und einem gigantischen, steuerbaren Mechanismus gleiche und dass das Ziel des Daseins wirtschaftlicher Gewinn und endloser Konsum seien, sind Mythen, die damals öffentlich enttarnt wurden und die Welt für eine neue Ära bereit machen sollten.

Ein berühmtes Dokument jener Zeit scheint auch heute noch Gültigkeit zu haben: Es ist ein 1972 veröffentlichter Bericht mit dem Titel „Die Grenzen des Wachstums“, in dem im Rahmen der damaligen Erkenntnisse Zukunftsprognosen für die Weiterentwicklung der Erde publiziert wurden. Und diese waren alles andere als rosig. Verantwortlich für den Inhalt und die Herausgabe des Manuskriptes war eine Vereinigung von Persönlichkeiten aus Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik aus aller Herren Länder: der 1968 gegründete Club of Rome. Bis heute ist die Organisation aktiv, engagiert sich in Schulen, Universitäten, Betrieben und Vereinen und hat ein klar definiertes Ziel: die gemeinsame Sorge und Verantwortung für die Zukunft der Menschheit.

Man mag sich kaum vorstellen, was passiert wäre, wenn es solch mutige Vorreiter nicht gegeben hätte. Denn trotz des Club of Rome und der globalen Erkenntnis, dass weniger oft mehr ist, wurden in den letzten vierzig Jahren weitere Millionen Hektar Wald gerodet, tausende Tierarten für immer ausgerottet und Millionen Wohnsiedlungen gebaut, über die man vielleicht in Zukunftsromanen lesen, aber in denen man zwischen Beton, Stahl und Smog nicht leben möchte. So nimmt es kaum Wunder, dass aus dem Club of Rome weitere Organisationen hervorgegangen sind. Auch sie verfolgen ähnliche Interessen, um die Balance zwischen einer nachhaltigen Lebensweise und gesunden Umwelt auf der einen Seite und profitgierigen Zerstörern auf der anderen Seite einigermaßen aufrecht zu erhalten.

Ervin Laszlo, Gründer und Präsident des Club of Budapest

Die berühmteste jener Folgeorganisationen wurde 1993 von Ervin Laszlo in der ungarischen Hauptstadt gegründet: Der Club of Budapest ist eine weltweit tätige und vor allen Dingen unabhängige Gesellschaft. Wer aufmerksam die Tageszeitungen studiert, kann schnell feststellen, wie tief der Sumpf des Partei- und Industrielobbyismus inzwischen ist. Aus idealistischer und humaner Motivation und ohne Spenden aus entsprechenden Unternehmen werden heutzutage kaum mehr Entscheidungen getroffen oder Gesetze verabschiedet. Umso wichtiger sind Verbände wie der Club of Budapest, dessen Motto „You can change the world“ lange vor Barack Obama eine zukunftsweisende Mission einläutete. Neben dem Bewusstsein für eine globale ökologische Verantwortung geht es den Mitgliedern auch um kulturellen und sozialen Austausch zwischen den Völkern. Eine derart sympathische und rigorose Abkehr von nationalen Interessen ist auch zehn Jahre nach der Jahrtausendwende eine mehr als seltene und daher umso wichtigere Option.

Zahlreiche Konferenzen und Seminare werden von den Mitgliedern weltweit abgehalten, Forschungsberichte und wegweisende Literatur veröffentlicht sowie neue Organisationen ins Leben gerufen. Ein Ableger neueren Datums ist das WorldShift Network, das nicht nur in Zeiten von Internet und iPhone den wichtigen Versuch unternimmt, all jene unabhängigen Organisationen wie Natur- oder Tierschutzverbände, Menschenrechtsorganisationen oder eben globale Aktivisten wie den Club of Rom (oder Budapest) miteinander zu verbinden, um eine Potenzierung der nachhaltigen, ökologischen und menschenwürdigen Bemühungen zu erreichen.

Treibende Kraft hinter vielen dieser Projekte ist der unermüdliche Mahner Ervin Laszlo. Auch sein neuestes Buch „Der Quantensprung im globalen Gedächtnis“ besticht wie viele andere seiner Werke durch eine unerschrockene und klare Argumentation. Der ursprünglich als Musiker arbeitende Ungar weiß, dass trotz aller Initiativen der letzten 40 Jahre noch vieles im Argen liegt, dass Nachhaltigkeit und Klimawandel, völkerverbindendes Bewusstsein und kosmische Notwendigkeiten zwar von vielen propagiert werden, von den wenigsten aber initiiert, geschweige denn umgesetzt werden.

Deutlich und eindringlich ruft Ervin Laszlo zur Wirklichkeitsrevolution auf, einer grundlegenden Transformation, die er als „Macroshift“ bezeichnet. Die Chancen der großen Zeiten des Wandels, in denen wir leben, müssen wir nutzen, andererseits gehen das System und wir mit dem Wandel wahrscheinlich zugrunde. Laszlo fordert zum Wechsel von unserer auf „Logos“ ausgerichteten Kultur zum „Holos“ auf. Der „Logos“ ist dabei das europäische Kulturerbe, das auf rational-logische Überprüfbarkeit und Beweisführung ausgerichtet ist und weder ökologische Ressourcen noch qualitative Aspekte wie Gefühle oder Liebe mit einbeziehen kann. Wir finden den „Logos“ nicht nur in der wissenschaftlichen Sprache der Mathematik oder Biologie, sondern ganz allgemein im weltweiten Streben nach Quantität ohne Rücksicht auf Verluste.

Die Abkehr von diesem mechanistischen System, das nur innerhalb der eigenen Grenzen funktionieren kann, und die Hinwendung zum lebendig pulsierenden Lebensstrom finden wir im „Holos“. Jener hat auch eine griechische Sprachwurzel und meint ein ganzheitliches Bewusstsein, in dem auch nichtrationale Strukturen und Gefühle ihren berechtigten Anteil erhalten. Der „Holos“ zielt auf die Einheit des Daseins, auf eine nicht sichtbare, aber dennoch spürbare Verbindung aller Menschen, ja aller Lebewesen, bis hinaus in die Weiten des Universums.

Zur gleichen Zeit in der sich der Club of Rome gründete, faszinierte John Lovelock die Welt mit seiner Gaia-Hypothese. Die gesamte Biosphäre, so Lovelock, ist ein Lebewesen, dessen Komponenten zusammenhängen, miteinander leben und fühlen. Individuelle Unterschiede und Ausprägungen sind zwar offensichtlich vorhanden, aber im Grunde sind wir eins. Laszlo, der viele Überlegungen anhand moderner Physik erklärt, weist zu Recht darauf hin, dass Atome in einem Organismus ja auch nur scheinbar voneinander getrennt und isoliert betrachtet werden können. Die Quantenmechanik weiß seit langer Zeit von Wellen, die alle scheinbaren Einzelteile miteinander verbinden. Unsichtbare Schwingungen, die wir nur spüren, aber nicht sehen können. Der menschliche Körper besteht aus unglaublichen 100 Billionen Zellen, die jede für sich 10.000 biochemische Reaktionen pro Sekunde ausführt.

Was Laszlo damit andeutet, ist offensichtlich: Es gibt letztlich keine Möglichkeit, all diese unzähligen Wechselwirkungen zu erklären und auf materielle und logische Systeme zu reduzieren. Wir sind weder ein erklärbares, noch ein isoliertes Wesen, sondern stehen mit allen anderen Organismen dieses Planeten in enger Verbindung. Wie Bienen zieht es uns trotz scheinbarer Individualität zum Flug, den unser Kollektiv vorgegeben hat. Bleibt nur noch die Frage, was genau unser Kollektiv vorgegeben hat und welche Möglichkeiten der Veränderung wir haben.

Aktuell sieht es zum Beispiel so aus: Die Hälfte aller Waldbestände sind ebenso vernichtet wie 40 Prozent der Korallenriffe des Planeten, in beiden Fällen mit ansteigender Tendenz und rückführbar auf den überhöhten Pro-Kopf-Ressourcenverbrauch der Bevölkerung, insbesondere in den Industriestaaten. Über 6 Milliarden Menschen stellen gerade einmal 0,014 Prozent der Biomasse dar, verbrauchen aber das Tausendfache davon. Eine praktische Ableitung derartiger Erkenntnisse sind Überlegungen und Initiativen wie sie Laszlo und sein Club of Budapest seit Jahren anbieten. Einen Verhaltenskodex, der einerseits auf maximale Nachhaltigkeit ausgerichtet ist und andererseits auf minimale egoistische Interessen: Handel so, dass andere auch noch leben können.

Damit solche Vorstellungen in das kollektive Bewusstsein dringen können, haben Laszlo und seine Kollegen weltweite Meditations- und Gebetstage ins Leben gerufen, die das gesamte menschliche Energiefeld positiv beeinflussen sollen und pazifistische und tolerante Kräfte freisetzen wollen. Seit am 20. Mai 2007 mehr als eine Million Menschen am ersten Happening dieser Art weltweit teilgenommen haben, entwickeln sich dieses Projekt und ähnliche beständig weiter. Daran erkennt man die globale Fähigkeit, sich für das einzusetzen, was auch schon in den 1960er Jahren der Club of Rome herausgefunden hatte: dass das Leben auf der Erde auch in Zukunft nur dann möglich sein wird, wenn wir für das Dasein Verantwortung tragen und das Prinzip holistischen Lebens integrieren. Weit schauen muss man für derartige Erkenntnisse nicht, ein Blick in den Garten oder zum Himmel genügt. Mit offenem Herzen wird dann jene Kraft der Unendlichkeit wahrgenommen, die uns auf unser Erbe als Teil eines Ganzen hinweist. Es ist heute nicht weniger wichtig, sich dafür einzusetzen als vor vierzig Jahren.

BUCH-TIPP:
Ervin Laszlo
‚Der Quantensprung im globalen Gedächtnis‘
160 Seiten, € 15,90
ISBN 978-3-86616-153-5
Verlag Via Nova