Schamanische Medizin

Seelenheilung jenseits der Grenzen der Vernunft

Schamanen heilen anders als Schulmediziner, Heilpraktiker oder Psychotherapeuten. Ihre ekstatischen Praktiken und ihre Andersweltreisen mögen uns fremd anmuten, aber moderne Forschungen zeigen: Das schamanische Weltbild und die Heilarbeit der Schamanen beruhen auf schlüssigen Elementen, die wissenschaftlich erklärt werden können.

Der Begriff „Schamane“ stammt aus dem asiatischen Raum und wurde ursprünglich von den ostsibirischen Tungus verwendet. Begriff und Bedeutung werden heute weltweit auf alle Heiler übertragen, die nach dem gleichen Grundprinzip arbeiten, ganz gleich, ob es sich dabei um Indianer, australische Aborigines oder die Heiler der Inuit handelt. Sie alle leben, handeln und heilen nach schamanischer Tradition – und selbst wenn sie den Begriff „Schamanismus“ gar nicht kennen, verkörpern sie alle dieselbe Idee von einer allseits beseelten Natur, in der alles mit allem verbunden ist und miteinander kommuniziert.

Sie sind bereit, sich ganz der Erforschung der Seelenlandschaft, die nur ansatzweise mit Worten beschrieben werden kann, zu widmen und in diesem Rahmen heilerisch zu arbeiten. Schamanische Kulte und Praktiken sind auch in unserem eigenen vorchristlichen Kulturkreis vielfach belegt und so ist das wiedererwachende Interesse am Schamanismus in unserer Zivilisation keineswegs fremdartig, sondern vielmehr eine Rückkehr zu den Ursprüngen. Wir alle sind Teil der zeitlosen Seelenlandschaft der Schamanen und somit auch potenzielle Reisende auf dem Weg jenseits der Grenzen der Vernunft.

Dass vernunftloses Verhalten dabei nicht gleich unvernünftig oder gar sinnlos sein muss, beweisen schamanische Heiler seit Anbeginn der Menschheitsgeschichte. Ihre umfangreiche Kenntnis der spirituellen Ebene der Wirklichkeit befähigt sie zu ungewöhnlichen Taten und Leistungen, was natürlich dazu führte, dass Schamanen als Heiler und Helfer seit jeher einen wichtigen Platz in der jeweiligen Stammesgemeinschaft einnahmen. Dabei darf man Schamanen allerdings nicht mit Medizinmännern oder Heilern verwechseln, die ihre Patienten ähnlich wie unsere modernen Heilpraktiker unter Zuhilfenahme pflanzlicher Mittel kausal behandeln.

Genau das tun schamanische Heiler nicht. Sie verlassen sich ganz und gar auf die spirituelle Dimension des Heilungsprozesses und setzen Heilpflanzen, wenn überhaupt, nicht im kausalen Sinne ein. Verständlich wird der Unterschied an einem einfachen Beispiel: Ein Medizinmann behandelt den Patienten X mit der Pflanze Y, weil diese beim entsprechenden Leiden erfahrungsgemäß hilft. Der Schamane behandelt das gleiche Leiden mit einer ganz anderen Pflanze, einzig aus dem Grund, weil diese seine persönliche Kraftpflanze ist und er sie immer als pflanzliches Mittel einsetzt. Schamanismus entbindet also das Stoffliche von seiner Kausalität und führt es auf eine spirituelle Ebene, in der es um Kommunikation, Verbindung und Wirklichkeiten ohne Worte geht.

Das zentrale Hilfsmittel, das weltweit in leichten Variationen zum Einsatz kommt, ist eine Trommel oder Rassel, die den Schamanen und seinen Patienten durch den monotonen Rhythmus und die gleichbleibende Frequenz in einen tranceähnlichen Zustand versetzt. Dem Begriff „Trance“ wird dabei, ähnlich wie dem Begriff „Schamanismus“, häufig Unrecht getan, in dem er als irrationaler Hokuspokus abgetan wird. Der hypnotische Effekt des Trommelns ist der modernen Neurologie seit Jahrzehnten bekannt und wird von ihr als ein physiologisches Phänomen erklärt, das auch häufig in unserem Alltag auftaucht – zum Beispiel beim routinierten Autofahren.

Wem es gelingt, die Vorurteile gegenüber dem Schamanismus und seinen Techniken abzulegen, der kann von seiner ursprünglichen Kraft profitieren. Erfahrene Schamanen arbeiten stets mit ihren persönlichen Verbündeten, die sie auf eigenen Seelenreisen kennengelernt haben. Meist sind das Krafttiere, die bei Diagnose und Behandlung vermitteln und den Schamanen entlasten und auch schützen; denn die Arbeit an fremden Seelenteilen ist nicht ungefährlich.

Eine Untersuchung unter Schamanen hat ergeben, dass diejenigen, die verstärkt mit der sogenannten Saugmechanismus- Technik (ein Herausziehen negativer Energien vergleichbar dem Absaugen unerwünschter Stoffe auf körperlicher Ebene) arbeiten, signifikant häufiger im mittlerem Alter an Krebs sterben als ihre Kollegen, die diese Technik nicht oder nur selten anwenden. Mit Hilfe seiner Verbündeten und entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen („spirituelle Hygiene“) kann sich ein erfahrener Schamane aber ausreichend schützen. Die größte Schwierigkeit scheint im Übrigen die schamanische Eigenbehandlung zu sein. Der Schamane arbeitet von Grund auf altruistisch und die Arbeit am eigenen Selbst kann daher nur bei sehr erfahrenen Meistern dieses Faches frei von Egoismus und daher bei sich selbst erfolgreich sein.

Felix R. Paturi, geboren 1940, war Redakteur beim ZDF und lebt heute als Autor in der Nähe von Frankfurt am Main.

Offenbar gelten also auf der nicht-alltäglichen Ebene der Seelenlandschaft ebenso Gesetze wie in der uns vertrauten Welt. Das betont auch Felix R. Paturi in seinem „Heilbuch der Schamanen“. Paturi, bei uns vor allem als Filmemacher und ehemaliger ZDF-Redakteur bekannt, ist seit Jahren auf dem Weg der Schamanen unterwegs und versucht, schamanische Denk- und Handlungsweisen in den Alltag zu integrieren. Das bedeutet in der Praxis weder die Abkehr von Schulmedizin noch von spiritueller Heilung, sondern eine tatsächliche Symbiose beider Systeme sowie den Versuch, den Schamanismus mit Hilfe der modernen Naturwissenschaft zu verstehen.

So betrachtet Paturi die schamanische Arbeit auch im Lichte der Quantenphysik und des Bell ,schen Theorems (benannt nach dem englischen Physiker John Bell), wonach auf der Quantenebene alles untrennbar miteinander verbunden ist. Vor diesem Hintergrund lassen sich dann auch die morphogenetischen Felder eines Rupert Sheldrake besser verstehen, die ein weiteres Indiz für eine wissenschaftliche Erklärbarkeit scheinbar unerklärlicher Phänomene sind. Aufgrund von nicht sichtbaren elektromagnetischen Wellen lässt sich beispielsweise begreiflich machen, warum australische Schamanen auch mit verbundenen Augen die Himmelsrichtungen erkennen können oder warum psychosomatische Krankheiten auf Ereignisse zurückgehen, bei denen zum Beispiel Worte und Gedanken in Form von nicht sichtbaren Schwingungen die physischen Organe beeinträchtigen.

Wenn man dies bedenkt, wird auch der Umkehrschluss leicht verständlich: Wenn Worte und Gedanken krank machen können, können sie auch heilen. Den Schamanen in aller Welt ist dies natürlich nicht wirklich neu und sie werden von der wissenschaftlichen Erklärung ihrer Praktiken und Fähigkeiten nicht sonderlich beeindruckt sein. Immerhin sind sie seit jeher in Kontakt mit der zeit- und vernunftlosen Sprache der Seelenwelt und heilen erfolgreich auf ihre eigene Art.

BUCH-TIPP
Felix R. Paturi
Heilbuch der Schamanen
272 Seiten, € 29,90
ISBN: 978-3-926388-72-8
G. Reichel Verlag