Alles Gute ist wild und frei…

Durch die Weisheit der Natur den Ruf unserer Seele vernehmen

„Alles Gute ist wild und frei“ schrieb Henry David Thoreau Mitte des 19. Jahrhunderts. So ist auch das Göttliche wild und frei und kein Thema, welches es nur theoretisch zu erörtern gilt.

In unserer Gesellschaft, in der wir oft fern von jedem authentischen Kontakt mit der Natur leben, stirbt der Mythos, haben Wildheit und Freiheit keinen Raum. Die Kommunikation mit dem Leben, mit dem Lebendigen verflacht. Im günstigsten Fall wird die Natur noch als Ausstellungsstück betrachtet, aber eine echte Resonanz in unserer Seele scheint es nicht mehr zu geben.

Damit einher geht ein Verlust an Tiefe in unserem Leben – immer gravierender wird unsere Entfremdung von der Natur, die zunehmend in eine gedankenlose Zerstörung unserer Lebensgrundlage mündet. Letztlich sind wir nur noch Zuschauer des Lebens, aber kein Teil des wirklich Lebendigen mehr. Doch Spiritualität ist ein Grundbedürfnis des Menschen – in psychischer Hinsicht ist sie ebenso wichtig wie Wasser, Nahrung, Obdach und Luft zum Atmen für den Körper sind.

Einzig die Erfahrung des Göttlichen führt zu größerer Lebendigkeit, die uns mit der Welt – der Natur, die uns umgibt – verbindet. Der Wind in den Bäumen, das Rauschen des Ozeans, der raue Ruf nach Süden ziehender Graugänse … Nur inmitten der Welt findet unsere Seele ihren Platz im Gefüge dieses Lebens. Unser Herz schlägt im Takt einer unbekannten göttlichen Trommel – ein Lied, das uns mit allen Wesen verbindet.

Uralte Weisheitstraditionen wie Druidentum oder Wicca können in unserer heutigen Zeit Antworten auf drängende Fragen liefern. Sie beruhen auf Erfahrungen und führen die Menschen direkt zur Quelle der Weisheit zurück: zur Natur, aus der unsere Vorfahren all ihr Wissen bezogen und deren Teil wir alle sind.

Uns selbst wieder als integralen Bestandteil der Natur zu verstehen, verändert unsere Sicht auf unser Leben: Pflanzen und Tiere werden zu unseren Brüdern und Schwestern. Wir entdecken in ihrem Sein eine Botschaft an uns. Wir entdecken sie in uns und uns in ihnen. Das Druidentum betrachtet, ähnlich wie die Indianer Nordamerikas es tun, Tiere als unsere älteren Geschwister. Schon lange bevor der erste Mensch ins Dasein trat, bevölkerten Tiere unseren Planeten. Viel können wir von ihnen lernen und jedes Tier hat eine symbolische Bedeutung in unserem Innersten.

Unsere Vorfahren verehrten jeden Aspekt der Natur, alles war ihnen Verbündeter. Sowohl das konkrete Tier als auch der „Geist“ des Tieres, der in Träumen und Visionen zu ihnen sprach, war ihnen Führer und Freund. Diese innige Verbindung wurde von unserer Seite im Laufe der menschlichen Geschichte abgebrochen, als wir begannen, Tiere als „niedere“ Geschöpfe zu betrachten, sie nur noch nach ihrem Nutzen zu betrachten und ihre Heiligkeit zu leugnen. Doch heute spüren wir wieder, dass uns etwas Wertvolles verloren gegangen ist.

Die Welt wird ärmer, je weniger Raum wir der Wildnis und ihren Bewohnern geben. Denn gleichzeitig wird auch unsere innere Wildnis immer gezähmter und damit auch kälter und leerer. „Mit jeder Tierart, die ausstirbt, stirbt etwas in uns“, schreibt Philip Carr-Gomm, der Leiter des größten Druidenordens der Welt, des Order of Bards, Ovates and Druids (OBOD).

Wie können wir diese Verbindung, die wir einst hatten, wieder herstellen? Wie können wir unsere innere Wildnis wieder wuchern lassen, so dass das Göttliche wieder in uns spürbar ist? Orakel sind seit alten Zeiten ein bewährtes Mittel, um wieder mit den eigenen Seelenkräften in Berührung zu kommen. Und ein Orakel, welches Tiere als Symbole unserer verschiedenen Seelenanteile aufzeigt, ist in der heutigen Zeit eine wunderbare Möglichkeit, in uns selbst zu forschen, in uns hinein zu lauschen und den intensiven Ruf zu vernehmen.

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Jede Karte im keltischen Tierorakel, das Philip Carr-Gomm gemeinsam mit seiner Frau Stephanie aus altem überlieferten Wissen, neuen Erkenntnissen und der eigenen Erfahrung und Intuition entwickelt hat, ist ein Ruf an uns. Ein Ruf zur Vereinigung mit der Schöpfung! Der Gesang der Amsel, das Röhren des Hirsches, das Brummen des Bärs – all das können wir in uns hören. Die Verzauberung durch die Amsel, die Unabhängigkeit des Hirsches, die Kraft des Bären – all das können wir in uns spüren.

Carr-Gomm beschreibt unsere Seele als Diamant mit unzähligen Facetten. Jedes Tier entspricht symbolisch einer dieser Facetten und überbringt uns eine Botschaft dieses speziellen Seelenanteils. Eine Facette wird hervorgehoben und beleuchtet, wobei wir auch immer das Ganze im Blick behalten. Wir werden in Kontakt gebracht mit unseren eigenen „inneren Tieren“.

Die einfachste Methode ist, die Karten zu mischen, dabei eine bestimmte Fragestellung im Geist zu haben und dann eine einzelne Karte zu ziehen: Das Tier erscheint und wir können Verbindung aufnehmen zu seiner Schönheit, zu seinem Wesen, seiner Art sich in der Welt zu bewegen, seinen Eigenschaften und seiner Botschaft an uns. Vielleicht entdecken wir auf diesem Weg auch unser Krafttier, unser Totem, welches uns unser ganzes Leben begleitet.

Der Ruf des Seehundes erschallt aus den Tiefen der Seele. Carr-Gomm schreibt: „Es ist ein Ruf aus der See, aus dem Unbewussten, aus den Tiefen. Er kommt von den Wassern unserer Geburt, von unseren Anfängen auf Erden, von unseren Brüdern und Schwestern aus dem Tierreich, denen wir näher sind, als wir uns vorzustellen wagen. Wir fürchten diesen Ruf, weil wir ahnen, dass er uns in unseren Gefühlen ertränken könnte. Lass deinen Intellekt nicht dein Herz gefangen halten… Wenn du dich der Stimme des Unbewussten öffnest, dem Weiblichen, deinen Träumen und Sehnsüchten, wirst du Transformation, Heilung und Liebe in dein Leben bringen.“

Transformation, Heilung und Liebe sind die Grundbausteine jedes spirituellen Weges. Doch abgespalten von unserer eigenen Seele, werden wir keinen Weg gehen können. Sehen wir die Welt mit liebevollen Augen? Achten wir die Natur, die uns umgibt? Wissen wir, dass in uns mehr ist als bloßer Verstand? Können wir die animalischen Anteile in uns annehmen? Verstehen wir, dass unter der Haut unserer Zivilisation auch Fell, Federn und Krallen sind?

Der Falke zeigt uns unseren eigenen Edelmut, der Hund gibt uns Schutz und lehrt uns Loyalität, der Kranich zeigt uns den Wert der Geduld, der Adler schenkt uns Mut, der Otter erinnert uns an unsere verlorene Fähigkeit zu spielen und uns einfach zu freuen. Die druidische Tradition inspiriert uns, uns eingehender mit einzelnen Tieren zu beschäftigen. Wir studieren seine Charakteristika und sein Verhalten, beobachten es vielleicht in der freien Natur, lesen Bücher darüber, zeichnen es, schreiben selbst Geschichten oder Gedichte. Unsere Kreativität wird angefeuert und eine Seite unseres Selbst, die wir zuvor noch gar nicht kannten oder verleugneten, findet ihren Ausdruck. Wir lernen Tiere kennen, die uns tiefer in die Anderswelt der Kelten führen, wo wir Wissen und Weisheit finden – über uns selbst, über die Welt, in der wir leben und über die Veränderung, die uns allen möglich ist.

Eine ähnliche Rückverbindung mit der Natur ermöglicht uns die Beschäftigung mit Pflanzen, die seit alters her Heilung und Inspiration vermitteln. Das Ogham, das Baum-Alphabet der Druiden, ist manchem heutzutage bekannt, doch ihre Kräuter- und Pflanzenheilkunde ist weitgehend in Vergessenheit geraten, da wir uns lieber auf die Werbeversprechen der Pharmaindustrie und eine nur auf die Symptome gerichtete Behandlung durch Ärzte verlassen.

Die Pflanzenheilkunde der Druiden wirkt immer ganzheitlich. Neben der offensichtlichen Heilkraft steht die jeweilige Pflanze auch symbolisch für eine Bedeutung, einen Hinweis, eine Geisteshaltung oder für eine Aufgabe, die uns erwartet und die uns ganzer und heiler macht. Farne und Moose, Pilze und Stauden, Wasserpflanzen und Getreide, Kletterpflanzen Kräuter und Bäume – die Vielfalt, die Philip Carr-Gomm beschreibt, umgibt uns tagtäglich, doch oft übersehen wir sie.

Öffnen wir unsere Augen für die pflanzliche Welt, bereichert das unsere Seele an Bildern, Symbolen und Weisheit. Mythen, Märchen, Volksbräuche und Redensarten, die alle ein tiefes Wissen über Pflanzen bewahrt haben, wissen um die Fruchtbarkeit der Alraune, die Verwurzelung der Brombeere, die Lebenskraft des Farns und die reinigende Wirkung des Wacholders. Dieser Schatz des Wissens stammt aus den Naturreligionen und kann wieder in unser Bewusstsein gehoben werden.

Lassen wir uns auf die Naturreligionen ein, so spüren wir, dass sie nicht nur in der Rückschau als historische Episoden interessant sind, sondern dass sie uns viel zu sagen und zu lehren haben. Ohne sie bleibt die Welt Stückwerk und unsere Seele ein ewiges Rätsel. Uns wieder mit der Tier- und Pflanzenwelt, der Natur zu verbinden, bringt uns zurück zu unseren Wurzeln, lässt uns Kraft finden und uns lebendig fühlen. Unser Herz findet zurück in den Rhythmus des Lebens und wir atmen die frische Luft der Wildnis. Und das ist gut.

Weitere Informationen zu den druidischen Lehren finden Sie unter:
www.druidry.org
www.philipcarrgomm.druidry.org
www.keltia.de
www.druiden.info

BUCH-TIPP
Phillip und Stephanie Carr-Gomm
Das keltische Tierorakel
33 Karten mit Begleitbuch, 176 Seiten, € 25,00
ISBN: 978-3-89901-428-0
Aurum in J.Kamphausen

BUCH-TIPP
Phillip und Stephanie Carr-Gomm
Das keltische Pflanzenorakel
36 Karten mit Begleitbuch, 144 Seiten, € 24,80
ISBN: 978-3-89901-138-8
Aurum in J.Kamphausen

BUCH-TIPP
Phillip und Stephanie Carr-Gomm
Druid Craft
78 Karten mit Begleitbuch, 192 Seiten, € 34,95
ISBN: 978-3-935581-54-7
Arun

BUCH-TIPP
Phillip und Stephanie Carr-Gomm
Die Weisheit der Druiden
Buch, 215 Seiten, € 17.90
ISBN: 78-3-36303-034-1
Lüchow