Schamanische Reisen

Oft wird die Suche nach Spiritualität eher von einer übergeordneten Organisation oder durch Nachahmung fremder Glaubensinhalte bestimmt. Die Erschließung der eigenen Seele und des Geistigen, des »Spirit«, kann jedoch nur in Eigenverantwortung geschehen. In der schamanischen Tradition ist ein solcher Weg unweigerlich verknüpft mit den Krafttieren.

Frau mit FederIn unserer Kultur lernen wir meist, innere Bilder zu unterdrücken, weil sie als irreal angesehen werden. Doch Imagination ist die älteste lebendige Dimension in uns. Wenn wir all die inneren Bilder und Ahnungen als Einbildung ablehnen, dann lehnen wir einen wichtigen Teil unserer Seele ab. Achten wir hingegen wieder mehr auf unsere Gefühle, auf unsere Intuition und die Form, wie diese sich mitteilen, stellen wir eine direkte Beziehung zur Seele her. Manch einer nimmt dabei eher Bilder wahr, andere fühlen und spüren mehr. Immer werden dabei jedoch verborgene und verschüttete Anteile unseres Selbst aufgedeckt und können dadurch integriert werden.

Der Psychologe Eligio Stephen Gallegos hat großmütterlicherseits indianische Vorfahren. Vielleicht deswegen entdeckte er eines Tages in einem visionären Moment, dass seine Chakren von Tieren repräsentiert wurden, mit denen er kommunizieren konnte. So hatte er z.B. die Vision eines Bärens in seinem Herzen und eines Adlers an der Stelle des Dritten Auges. Bei genauerer Beschäftigung mit den Bildern, stellte er fest, dass die Anordnung der Tiere in den übereinanderliegenden Chakren der Anordnung von Totemtieren auf den Totempfählen der nordamerikanischen Indianer entsprach. Aus diesem Grund nannte er seine auf dieser Inspiration basierende Bewusstseinsmethode »Totempfahl-Prozess«.

Der Totempfahl-Prozess führt nicht auf die eingefahrenen Gleise der Intellektualisierung und Erklärungen. Er stellt die aktiven persönlichen Erfahrungen in den Mittelpunkt und lässt den Betroffenen selbst das Ruder übernehmen. Er erhält damit die Regie über sein eigenes Wachstum. Der Zugang zu den Krafttieren wird mithilfe der »tiefen Imagination«, wie Gallegos es nennt, bewerkstelligt, ein Bewusstseinszustand, der den Verstand »leise stellt« und wie eine leichte Trance wirkt.

Die verschiedenen auftauchenden Tiere seien dabei nicht nur als Methaphern zu verstehen, so der Amerikaner. Sie stellten tatsächlich das jeweilige Tier, seine Eigenschaften und seine Seele dar. Daher sollte die Begegnung mit dem Krafttier von Respekt begleitet ist. Damit die Tiere erscheinen, ist es ratsam, sie um ihre Teilnahme zu bitten. Während der tiefen Imagination offenbaren sie unterdrückte Gefühle und verborgene Anteile, die wir vorher nicht leben wollten oder konnten. Oft verbildlicht das Tier mit einem bestimmten Verhalten oder Attribut ein Missverhältnis in uns. Es erteilt auch konkrete Ratschläge oder gibt Hinweise, wie bestimmte Zustände gemeistert werden können.

Dass Energien des Körpers, die durch das Fenster innerer Bilder gesehen werden, oftmals als Tiere in Erscheinung treten, ist in schamanischen Traditionen gängig. Der Körper empfängt Energien und erlebt diese als Gefühle. Doch weil Gefühle nicht als ein Weg des Wissens angesehen werden, erlauben sich viele Menschen nicht, voll in ihre Gefühle einzutauchen. Die Krafttiere helfen, diese Sphäre wiederzubeleben, was uns der Ganzheit und damit der Heilung näherbringt. »Wenn die Tiere dir Gefühle bringen, fühle sie, umarme sie, lass sie durch den ganzen Körper fließen. Gefühle sind die Erfahrung unserer Lebendigkeit«, schreibt Gallegos.

»Für die Indianer ist die Welt kein Spiegel unserer Gedanken, sondern ein Geheimnis. Manchmal spiegeln die Gedanken einen Teil des Geheimnisses, aber das Geheimnis bleibt. Die Indianer möchten Teil des Geheimnisses wer-den, während wir versuchen, es zu verstehen.« E.S. Gallegos

Im Laufe der vielen Jahre, in denen der Autor nun schon mit der Methode arbeitet, hat er einige typische Dinge erkannt. So ist das Kehlkopf-Chakra-Tier (das Chakra steht für freie Kommunikation und Ausdruckskraft) häufig das am wenigsten entwickelte Tier. Das Solarplexus-Chakra-Tier (Durchsetzungskraft) entpuppt sich häufig bei Frauen als zu wenig entwickelt. Das Basis-Chakra-Tier hat wiederum die Besonderheit, dass es ungelöste emotionale Vorfälle aus der Kindheit ins Gedächtnis zurückbringt. Und das Kronen-Chakra-Tier, das für die spirituelle Entwicklung steht, entwickelt sich häufig erst spät im Totempfahl-Prozess.

Ab und zu verwandeln sich die Chakratiere sogar. Dies zeigt an, dass innerlich eine Transformation stattgefunden hat. Oft kündigt schon das Wesen eines Chakratieres die Umwandlung an, wenn es z.B. in Form einer Raupe auftaucht. In einem fortgeschrittenen Stadium ist es häufig auch so, dass man sich selbst in eines der Tiere verwandelt.

Gallegos erarbeitete den Totempfahl-Prozess anfangs, weil er seine eigenen psychischen Belastungen auflösen wollte. Die Methode hat sich letztendlich bewiesen. »Es gab eine Zeit, in der es mir völlig unvorstellbar und undenkbar erschien, jemals dahin zu kommen, wo ich heute stehe«, berichtet er. »Ich bin inzwischen an einem Ort in mir, der in Beziehung steht mit all den verschiedenen inneren Dimensionen und Charakterzügen meines Wesen.«

Der Totempfahl-Prozess zeigt, welch tiefes Wissen unsere Seele beherbergt und wie sie uns mitteilt, was sie braucht, um wieder ganz und heil zu werden. Viele Geschichten von Menschen, die den Prozess durchgemacht haben, beschreibt

Eligio Stephen Gallegos in seinen Büchern – Geschichten, die ihm offenbarten, dass in jedem Menschen eine natürliche Güte steckt. »Durch die Reisen hin zu unserer Ganzheit erwecken wir diese Güte wieder zum Leben …«, schreibt er, »die Menschen sind nicht von Natur aus schlecht. Es sind verdrängte Verletzungen und innereSpaltungen, die Menschen dazu bringen, schlechte Dinge zu tun.«

Buchtipp
Eligio Stephen Gallego
In die Ganzheit
Schamanische Reise zur Selbstheilung

208 Seiten, 16,80 €
ISBN: 978-3-890-60-136-7
Neue Erde Verlag
Buchtipp
Eligio Stephen Gallego
Indianisches Chakra-
Heilen: Der Persönliche
Totempfahl-Prozess

192 Seiten, 16,90 €
ISBN: 978-3-89060-633-0
Neue Erde Verlag