Studienfach Körperarbeit

Studienfach Körperarbeit – Komplementärtherapie an der Hochschule

Es ist eine kleine Sensation: Endlich gibt es mit dem Institut für körperbezogene Therapien an der Steinbeis Hochschule Berlin (SHB) einen Ort, an dem man komplementäre Methoden wie Shiatsu, Atemtherapie, Kinesiologie oder TouchLife nicht nur studieren, sondern auch den akademischen Grad eines „Bachelor of Science in Komplementärtherapie“ erwerben kann. Wir sprachen mit Frank B. Leder, dem (Mit-) Begründer der TouchLife Massage, die als eine von vier körperorientierten Methoden integraler Bestandteil des neuen Studiengangs ist, über das zukunfts- und praxisorientierte Projekt.

Frank B. Leder
Frank B. Leder, Jahrgang 62, ist Begründer der TouchLife Massagemethode (gemeinsam mit Kali S. Gräfin Kalckreuth). Staatl. gepr. Masseur, Initiator Internationales TouchLife Massage-Netzwerk. Kompetenzpartner der Steinbeis-Hochschule/ Institut für körperbezogene Therapien für das Bachelor-Studium Komplementärtherapie/ TouchLife.

Wie ist es dazu gekommen, dass die SHB einen Lehrstuhl für komplementäre Methoden eingerichtet hat?

Gründungsgedanke und Initiative gehen auf den Medizinrechtler Dr. Ernst Boxberg und Prof. Dr. Hartmut Schröder, den Inhaber des Lehrstuhls für Sprachgebrauch und Therapeutische Kommunikation an der Europa-Universtität Viadrina, zurück. Unter dem akademischen Dach der Steinbeis-Studienstiftung gründeten sie das Institut für körperbezogene Therapien, IKT. Beim IKT bewerben sich die Studenten um einen Studienplatz, hier laufen alle Fäden zusammen.

Und wie sind Sie und die TouchLife Methode hinzugekommen?

Ausbildungen für körperbezogene, komplementäre Methoden gibt es bisher nicht an der Universität, sondern sie werden von Fachschulen bzw. Verbänden angeboten, die sich für die methodenspezifische Fachkompetenz stark machen. Ausbildungstandards, Berufsbild sowie Anwendungs- und Qualitätsrichtlinien werden dort erarbeitet. Dr. Boxberg und Prof. Schröder haben Schulen und Verbände zur Mitarbeit ausgewählt, die ihre methodischen Ansätze kontinuierlich entwickeln und aus ihrer Sicht wohl gute Arbeit machen. Ich glaube, dass sie im Massagebereich das ganzheitliche Konzept von TouchLife angesprochen hat. Wir freuen uns jedenfalls, dass wir die Einladung erhielten, gemeinsam mit den anderen Fachschulen und -verbänden sowie dem IKT an diesem Projekt mitarbeiten zu können.

Nun handelt es sich bei diesem Studiengang um ein ganz neues Berufsbild, das im Einklang mit den EU-weit gültigen Studienregeln an der SHB angeboten wird – können Sie unseren Lesern erklären, was in diesem Rahmen mit „dualer Ausbildung“ gemeint ist?

Um das Studium erfolgreich abzuschließen, muss man gemäß der Studien- und Prüfungsordnung Fächer belegen und dadurch „Punkte“ sammeln, insgesamt 180. Maximal 60 Punkte erwerben die Studenten, indem sie sich für die praktische Ausbildung in einer der Methoden entscheiden, die sie dann bei der Fachschule ihrer Wahl absolvieren. 120 Punkte erwerben die Studenten im übergeordneten, akademischen Studienteil; dort treffen sich dann alle Studenten, gleich welche Methode sie sich als praktische Berufsausbildung ausgesucht haben. Duale Ausbildung bedeutet also, dass man nicht nur Wissen sammelt und wissenschaftliches Arbeiten erlernt, sondern parallel dazu Behandlerkompetenz und praktische Berufserfahrung erwirbt. Hätte es dieses Studium schon Anfang der 80er Jahre gegeben, hätte ich mich eingeschrieben. Ich hatte mich damals für ein Psychologiestudium interessiert. Bei den Studieninhalten hatte ich jedoch vermisst, dass man von Anfang an therapeutisches Handwerkszeug erlernen konnte. Mir war wichtig, schon in der Studienzeit mit dem Therapieren beginnen und am eigenen Leib erfahren zu können, wie diese Methoden wirken. So habe ich damals einen weiten Umweg genommen, am kalifornischen Heartwood College for the Natural Healing Arts körperorientierte Psychotherapie studiert und danach in Deutschland noch den staatl. gepr. Masseur gemacht. Das duale Studienkonzept berücksichtigt den für mich wichtigen Praxisaspekt beim Lernen.

Und wie sieht es mit den Berufs- und Karrierechancen nach der Ausbildung aus?

Wer seinen Bachelor zum Beispiel mit TouchLife verbindet, wird die Massage selbstständig ausüben und entweder eine Praxis eröffnen oder sich als Mitarbeiter/in therapeutischen Einrichtungen oder im Gesundheits- und Wellnessbereich bewerben. Sinngemäß gilt das auch für die anderen Methoden. Ich kann mir auch vorstellen, dass man durch den akademischen Abschluss gute Chancen hat, in der Entwicklung und Organisation von Gesundheitsdienstleistungen bzw. im Präventionsbereich eine Anstellung zu bekommen (Tourismus, Krankenkassen, betriebliches Gesundheitsmanagement etc.). Das IKT möchte in Zukunft auch einen Masterstudiengang und die Promotionsmöglichkeit anbieten, so dass eine akademische Karriere in Forschung und Lehre auf der Grundlage des B.Sc. Komplementärtherapie denkbar ist.

Kann man sich für den Start des Studiengangs im Wintersemester 2011 eigentlich noch einschreiben? Und welche Voraussetzungen muss man mitbringen?

Bis zum 15. Oktober werden noch Bewerbungen angenommen. Wer Abitur hat oder eine Berufsausbildung und mindestens eine vierjährige Berufstätigkeit nachweisen kann, erfüllt die Eingangsvoraussetzungen.

Wo wir bei den Voraussetzungen sind: Gibt es Einschränkungen für die Ausübung der TouchLife Massage? Und welchen Vorteil bietet das Studium gegenüber den herkömmlichen Ausbildungen?

Unsere Methode ist als Wohlbefindensmassage definiert. Vorteil: Sie darf auch von jenen Absolventen der TouchLife Grundausbildung angeboten werden, die noch keinen medizinischen Grundberuf haben. Einschränkend gilt aber, dass sich solche TouchLife Praktiker in ihrem Angebot nur an Gesunde ohne medizinische Indikation richten dürfen. Durch das Studium soll ihnen der Weg geebnet werden, Massageanwendungen (entsprechend Shiatsu, Atemtherapie oder Kinesiologie) auch im therapeutischen Bereich anzubieten.

Studienfach KörperarbeitStaatlich anerkannte Hochschulen wie die SHB haben ja nicht nur einen Lehr-, sondern auch einen Forschungsauftrag. Wie sieht es mit der Forschung im komplementären Bereich aus und was erhoffen Sie sich davon?

Die Studien- und Abschlussarbeiten der Studenten werden sich mit den Methoden, in denen sie sich parallel ausbilden lassen, beschäftigen, unter wissenschaftlichen Vorzeichen. Das finde ich spannend, denn an die Wirksamkeit der komplementären Methoden glauben ja vor allem die Anwender und deren zufriedene Klienten. Andererseits gibt es genug Skeptiker, und da können akademische Fallstudien und Untersuchungen dazu beitragen, die Spreu vom Weizen zu trennen, Vorurteile zu entkräften und die Akzeptanz für solche Angebote gesellschaftlich tiefer zu verankern.

Wie schätzen Sie persönlich die Bedeutung des Projekts für die Zukunft komplementärer Therapien in unserer Gesellschaft ein?

Ich sehe darin eine Brücke, die von Schulmedizinern und Wissenschaftler auf der einen und „Fühlmenschen und Praktikern“ auf der anderen Seite gebaut wird. Dadurch werden scheinbar getrennte Fachgebiete auf eine zeitgemäße Weise neu miteinander verbunden. Komplementär bedeutet für mich „durch Ergänzung ein Ganzes werden“. Und das Ganze ist bekanntlich mehr als die Summe seiner Teile.

Wir danken für das informative Gespräch und wünschen Ihnen und dem ganzen Institut natürlich viel Erfolg mit dem zukunftsweisenden Projekt!

Weitere Informationen
Steinbeis Hochschule Berlin
IKT Institut für körperbezogene Therapien
Leitung: Dr. jur. Ernst Boxberg
Müllerstrasse 27
80469 München
www.koerperbezogene-therapien.deTouchLife-Schule
Leder & von Kalckreuth
Breckenheimer Str. 26a
65719 Hofheim
www.touchlife.de

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